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Wahlsieger Mauricio Macri genießt den Triumph. Nestor Kirchner und seine Frau Cristina Fernández de Kirchner prägten davor zwölf Jahre lang das Land.

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Er sieht gut aus, liebt Fußball und schöne Frauen; aber noch mehr gute Geschäfte. Deshalb nennen viele Mauricio Macri den "Berlusconi Argentiniens". Zur Politik kam der 56-Jährige erst spät. Lange sah alles so aus, als würde der Sohn eines der reichsten Unternehmer des Landes in die Fußstapfen seines Vaters treten. Er ging an eine renommierte Privatschule in der Hauptstadt und studierte in den USA Wirtschaft und Ingenieurswesen. Macri war erfolgreicher Manager in Banken und der Bauwirtschaft, bevor er in den väterlichen Mischkonzern einstieg, der von Automobilien über Müllentsorgung und Bergbau bis zu Finanzanlagen reicht.

Doch dann wurde er 1991 in Buenos Aires von einer Bande korrupter Polizisten entführt. Zwölf Tage verbrachte er in Geiselhaft, bevor sein Vater das Lösegeld von sechs Millionen US-Dollar für den ältesten seiner sechs Sprösslinge zahlte. "Nach meiner Freilassung begann ich, das Leben anders zu sehen", erzählte Macri. "Ich fühlte mich frei, neue Dinge zu tun, und zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, ich könne mein Schicksal selbst in die Hand nehmen." Und er machte sein Hobby zum Beruf: 1995 übernahm er den Fußballverein Boca Juniors in einer Krise und führte ihn zu 17 Meisterschaften und Pokalen.

"Verstaatlichte" Schulden

Sein Vater Franco animierte ihn, in die Politik zu gehen. Der Patriarch, dessen private Schulden einst von der Militärdiktatur "verstaatlicht" wurden, wusste nur zu gut um die Nützlichkeit der Verquickung unternehmerischer und politischer Interessen. Als Argentinien nach der Zahlungsunfähigkeit in eine politische Krise geriet, gründete Macri eine Stiftung, die sich Effizienz im politischen Management auf die Fahnen schrieb. Der Stiftung folgte 2003 die konservative und wirtschaftsliberale Partei "Kompromiss für den Wandel". In den ersten Jahren wurde der näselnde Krawattenträger eher als Außenseiter belächelt, bei der Wahl zum Hauptstadtbürgermeister 2003 unterlag er dem vom linksperonistischen Präsidentenehepaar Kirchner unterstützten Aníbal Ibarra in der Stichwahl, obwohl er in der ersten Runde das beste Ergebnis eingefahren hatte.

Doch Macri legte Ehrgeiz und Stehvermögen an den Tag, wurde Abgeordneter, ließ sich den Schnurrbart abrasieren und verzichtete auf die Markenkrawatten. 2007 gelang ihm der Sprung ins Bürgermeisteramt. Er avancierte zum rechten Hoffnungsträger, liebäugelte mit der Präsidentschaft, doch war klug genug, 2011 auf seinen engsten Berater, den Ecuadorianer Jaime Durán Barba, zu hören und auf eine Kandidatur gegen die haushohe Favoritin Cristina Fernández de Kirchner zu verzichten. Stattdessen bewarb er sich erneut für die Hauptstadt und gewann mit über 60 Prozent.

Macri profilierte sich mit der Modernisierung von Schulen und Krankenhäusern, mit dem Bau von Radwegen und mit professionellem Bankmanagement.

Sichere Hauptstadt

Buenos Aires galt zwar schon immer als Hort des Antiperonismus – doch das linke Bildungsbürgertum wurde kein Fan des konservativen Bürgermeisters, der strikt gegen Homoehe ist, gerne machistische und fremdenfeindliche Sprüche klopft, Parks einzäunen ließ und alteingesessene Viertel mit Shoppingcentern und Bürohochhäusern zupflasterte. Seine Gegner werfen ihm vor, bei Ausschreibungen Geschäftsfreunden Aufträge zugeschoben zu haben.

Für ein Drittel der Wählerschaft ist Macri ein rotes Tuch, ein verwöhnter Playboy aus reichem Haus, ohne soziale Empathie. Doch während die umliegende Provinz Buenos Aires, in der sein peronistischer Herausforderer Daniel Scioli regierte, immer unsicherer wurde und verlotterte, blieb Buenos Aires eine sichere Stadt mit einer neugeschaffenen Hauptstadtpolizei – das hielten ihm viele zugute.

Auch diesmal standen seine Präsidentschaftsambitionen auf Messers Schneide. Intern musste er sich gegen mehrere Mitbewerber durchsetzen. Wahlkämpfe sind nicht seine Stärke. Er ist ein eher langweiliger Redner, hat keine mitreißenden Visionen und lacht selten spontan. Selbst Vater Franco glaubte nicht wirklich an ihn und hofierte lieber die linksperonistische Regierung unter Kirchner.

Nur Angst vor Schlangen

Dass der mit der Unternehmerin Juliana Awada in dritter Ehe verheiratete Vater von vier Kindern trotzdem den Sprung auf den Präsidentensessel schaffte, ist seiner Anpassungsfähigkeit zu verdanken. Für die Wahl paktierte er mit der progressiveren Radikalen Bürgerunion und mäßigte seinen Diskurs. Dass das Land in einer schweren Wirtschaftskrise steckt, schreckt ihn nicht. Er fürchte sich nur vor Schlangen, ließ er verlauten. (Sandra Weiss, 23.11.2015)