Genetisch hatte der "Falter" recht, als er in Bezug auf Mölzers, Vater Andreas und Sohn Wendelin, schrieb, der Pferdeapfel fällt nicht weit vom Pferd. Als Abstammungsnachweis der hippologischen Fäkalie führte das Blatt an, der Vater habe seinerzeit die Europäische Union als "Negerkonglomerat" bezeichnet, der Sohn hätte dessen reinrassigen Galopp in einer Auseinandersetzung mit dem Judentum eines gewissen Raphael Sternfeld nachvoltigiert. Ohne zwischen Pferd und Pferdeapfel eine Blut-Hirn-Schranke – oder besser Darm-Hirn-Schranke? – aufrichten zu wollen, muss festgestellt werden, dass dem Blatt der Abstammungsnachweis zumindest in rein formaler Hinsicht misslungen ist.

Heißt es doch im "Falter": Nun hat Sohnemann Wendelin nachgelegt. "Raphael Sternfeld ist Jude", schrieb der FPÖ-Abgeordnete über einen Berater des Kanzlers in "Zur Zeit". Tatsächlich ist aber der redaktionelle Vorrat an Antisemitismusexperten bei "Zur Zeit" wesentlich größer, als ein "Falter"-Redakteur sich das in seiner Gutmenschlichkeit träumen lässt. Auf dem Gebiet des Antisemitismus kann dort vermutlich jeder Mitarbeiter einspringen, sollten das Pferd oder sein Apfel anderweitig hochgeistig beschäftigt sein. Und just so war es in diesem Fall.

Es war ein E. K.-L., der sich unter dem Rubrikentitel Satire am Wesen von Raphael Sternfeld abarbeitete, ohne dass klar wurde, warum dieses Objekt und was an ihm satirisch verwertbar sein sollte. Es muss natürlich jedem "Zur Zeit"-Leser rasend komisch vorkommen, wenn sich über jemanden sagen lässt: Sternfeld kommt aus der Döblinger Cottage, hat das französische Lyzeum in Wien absolviert, dann das Studium der Politikwissenschaft. Dabei sollte der frivole Erwerb fremdsprachlicher Kenntnisse doch eher als ein skandalöser Fall von linguistischer Umvolkung in der Umgebung des Kanzlers angeprangert denn leichthin als Satire abgetan werden.

Nicht Wendelin Mölzer, sondern E. K.-L. warf Sternfeld die Aussage vor, Faymann stehe immer auf der richtigen Seite. Satirisch verwertbar an einem Kanzlerberater wäre vielleicht die gegenteilige Erkenntnis. So ist auch die Frage des Satirikers denkbar unsatirisch: Ist es Kalkül, damit man auf der Stufenleiter der Karriere weiter nach oben kommt? Oder ist es bloßes Kriechertum? Wer wird schon jemanden beraten, von dem er glaubt, er stehe immer auf der falschen Seite? Kickl vielleicht, heimlich, und auf der Stufenleiter der Karriere hat es ihm sicher nicht geschadet. Satirisches Potenzial läge eventuell darin, dass Faymann gar nicht so selten auf der richtigen Seite steht, nur selten fest genug, wenn die ÖVP etwas anderes will.

Aber darum geht es E. K.-L. nicht, endlich kommt er doch zum satirischen Höhepunkt, indem er Sternfeld eine große Zukunft prophezeit. Reiht er sich doch nahtlos in die Gilde jüdischer Oberschichtler, die sich dem von Links-Intellektuellen seit jeher als dumpf eingeschätzten Proletariat als weise Führer aufdrängten. Die jüdischen Oberschichtler, die er dann aufzählt – Otto Bauer, Robert Danneberg, Hugo Breitner, Julius Tandler – waren weder je Kanzlerberater noch Schüler eines französischen Lyzeums, sie waren Hassobjekte der Nazis in den 1920er- und 1930er-Jahren, und an diese schöne Vergangenheit wird man doch noch erinnern dürfen. In diese Gilde nahtlos wieder jemanden einzureihen – wenn das nicht Satire ist!

So klingt jüdische Weltverschwörung light, meinte dazu der "Falter" und suchte nach den Verschwörern. Die FPÖ warf Susanne Winter wegen Antisemitismus aus der Partei. Verkappte Antisemiten wie Mölzer dürfen hingegen bleiben. Soweit das den Pferdeapfel betrifft, wäre der satirische Anlass zu wenig für einen Hinauswurf. Was aber Wendelin Mölzer als Chefredakteur von "Zur Zeit" betrifft, der solche Formen von unverkapptem Antisemitismus, nur weil als Satire ausgegeben, zulässt, wäre ein Hinauswurf gerechtfertigt, schon aus Gründen der Genderge rechtigkeit. Er könnte ja als wilder Abgeordneter neben Susanne Winter sitzen.

Ob er neben dem als Herausgeber von "Zur Zeit" tätigen Pferd Chefredakteur bleibt, ist auch schon egal, rückt doch in dem Blatt sofort ein neuer Satiriker nach, wenn einer verschwinden sollte. Als solcher darf dort etwa auch der Schriftleiter der "Aula" auftreten, der seiner satirischen Ader freien Lauf lässt, indem er Flüchtlinge als Zivilokkupanten beschreibt. Da fallen Satire und Patriotismus zusammen. (Günter Traxler, 20.11.2015)