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Die strickende Dame in Kiew scheint von den Querelen in der hohen Politik unberührt. Kommt ein Staatsbankrott, könnte die Lage noch schwieriger werden, als sie ohnehin bereits ist.

Foto: Reuters/OGIRENKO

Moskau/Kiew – Ein Staatsbankrott der Ukraine rückt näher: Premier Arseni Jazenjuk hat im ukrainischen Fernsehen ein russisches Kompromissangebot zur Rückzahlung des Milliardenkredits zurückgewiesen.

Am 20. Dezember muss die Ukraine drei Milliarden Dollar an Russland überweisen. Gibt es bis dahin keine Einigung zwischen den Nachbarländern, droht Kiew offiziell das Eingeständnis der Zahlungsunfähigkeit. Russland bestand bisher auf der vollen Rückzahlung der Summe. Die Ukraine forderte Russland dazu auf, die Bedingungen anzunehmen, die andere private Gläubiger des Landes zuletzt ebenfalls geschluckt hatten; das heißt, Beginn der Rückzahlung erst in vier Jahren und ein Schuldenschnitt von 20 Prozent.

IWF mahnt Kompromiss ein

Der Internationale Währungsfonds hatte beide Staaten dazu aufgerufen, einen Kompromiss zu finden. Daraufhin war Russlands Präsident Wladimir Putin zuletzt tatsächlich überraschend von der bisher vertretenen Maximalposition abgewichen: Er schlug eine Streckung der Zahlung über drei Jahre vor. Demnach sollte der Ukraine in diesem Jahr die Schuldenbegleichung erlassen werden, dafür wäre von 2016 bis 2018 jeweils eine Milliarde Dollar fällig gewesen. Voraussetzung sei allerdings, dass "eine finanziell solide Organisation" für die Ukraine als Bürge auftrete.

"Es ist Zeit, damit aufzuhören, wegen der Anerkennung der Staatsschulden herumzuzicken", sagte Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedew. Allen sei klar, dass es sich nicht um Schulden irgendwelcher kommerzieller Strukturen, sondern der Ukraine selbst handle. "Wenn es keine Entscheidung gibt, dann gehen wir davon aus, dass die Ukraine als Staat im Zahlungsverzug ist oder, anders ausgedrückt, im Default", fügte er hinzu. In dem Fall wird Russland wohl vor Gericht gehen.

Jazenjuk bleibt hart

Nun hat Jazenjuk im ukrainischen Staatsfernsehen geantwortet. Der Premier blieb dabei hart: Russland werde keine besseren Konditionen als die anderen Gläubiger erhalten, betonte er. "Die grundlegende Bedingung: eine Verringerung der Schuld um 20 Prozent und eine Verschiebung der Rückzahlung um vier Jahre", sagte er. Gehe Russland darauf nicht ein, werde die Ukraine ein Moratorium über die Rückzahlung gegenüber dem "Aggressorstaat" verhängen, kündigte er an.

Den Kredit hatte Russland Ende 2013 noch an Ex-Präsident Wiktor Janukowitsch vergeben. Er sollte Teil eines größeren Pakets von insgesamt 15 Milliarden Dollar sein, mit dem der Kreml den unter Druck geratenen Janukowitsch stützen wollte. Zwei Monate später wurde dieser trotzdem gestürzt. Sein Nachfolger Petro Poroschenko bezeichnete den Kredit als "Bestechungsgeld", mit dem Janukowitsch zum Verzicht auf das Assoziierungsabkommen mit der EU gebracht werden sollte. (André Ballin, 20.11.2015)