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Polizei im Einsatz vor der HDI-Arena in Hannover, wo das Länderspiel Niederlande gegen Deutschland hätte stattfinden sollen.

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Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière sprach nach der Absage des Länderspiels von einer "bitteren und schweren Entscheidung".

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Hannover/Brüssel/Paris – Die deutsche Fußballnationalmannschaft war am Dienstag das zweite Mal binnen weniger Tage mit einer Terrorgefährdung konfrontiert. Am vergangenen Freitag detonierten vor dem Stade de France in Paris Sprengsätze, während im Stadion das Match Frankreich gegen Deutschland stattfand.

Am Dienstagabend wurde das Freundschaftsspiel zwischen Deutschland und den Niederlanden in Hannover nur knapp eineinhalb Stunden vor Beginn aus Sicherheitsgründen abgesagt. Es habe einen konkreten Hinweis gegeben, dass im Stadion ein Sprengstoffanschlag geplant gewesen sei, sagte der Polizeipräsident von Hannover, Volker Kluwe, dem NDR. Die Mannschaften seien in Sicherheit. Die Besucher wurden über Lautsprecher gebeten, das Stadion zu verlassen.

"Dringende Empfehlung"

"Die Hinweise auf die Gefährdung des heutigen Fußballspiels haben sich im Laufe des Abends so verdichtet, dass wir nach Abwägung dringend empfohlen haben, dieses Länderspiel abzusagen", erklärte der deutsche Innenminister Thomas de Maizière (CDU) in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Er sprach von einer "bitteren und schweren Entscheidung".

Nach Angaben des "Spiegel" kam der Hinweis vom französischen Geheimdienst, de Maizière selbst wollte sich zu den näheren Umständen für die Absage nicht äußern. Er bitte um Verständnis, dass er auf die Quelle für die Warnung und das Ausmaß der Gefährdung nicht weiter eingehen wolle. Berichte, wonach Sprengstoff in einem Krankenwagen gefunden worden sei, wurden von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) explizit dementiert.

Auch Absage in Brüssel

Zuvor war bereits das Fußballspiel Belgien gegen Spanien in Brüssel abgesagt worden. Laut dem belgischen Fußballverband empfahl die Regierung, das Freundschaftsmatch aus Sicherheitsgründen ausfallen zu lassen.

Belgien verschärfte am Dienstag noch einmal seine Sicherheitsmaßnahmen. An sicherheitsrelevanten Plätzen – vor allem in großen Städten – würden zusätzliche Soldaten stationiert, kündigte Ministerpräsident Charles Michel an. Vor allem Bahnhöfe, U-Bahnhöfe, Flughäfen und Plätze mit großen Menschenansammlungen sollen besser geschützt werden.

So sollten bis zu 300 Soldaten zusätzlich zu den derzeit 220 zum Einsatz kommen. Der Anti-Terror-Alarm wurde auf Stufe drei von vier angehoben, wie die belgische Polizei mitteilte. Demnach ist ein Anschlag "möglich und wahrscheinlich".

Suche nach Saleh Abdeslam

Indes wird weiter fieberhaft nach dem Verdächtigen Saleh Abdeslam gesucht. Am 9. September wurde der zuletzt in Belgien lebende Franzose im Rahmen einer Verkehrskontrolle in Österreich überprüft, nun wird nach ihm im Zusammenhang mit den jüngsten Terroranschlägen von Paris in ganz Europa gefahndet.

Der 26-Jährige, dessen Bruder sich in Paris selbst in die Luft gesprengt hat, soll in Belgien das Auto gemietet haben, mit dem die Attentäter in die französische Hauptstadt gefahren waren.

Kein Treffer in Polizeidatei

Auch nach Oberösterreich reiste er vor mehr als zwei Monaten von Deutschland kommend mit einem belgischen Pkw ein. Wer seine beiden Mitfahrer waren, ist nicht bekannt. Saleh Abdeslam habe angegeben, "Urlaub in Österreich zu verbringen", sagte Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck zum STANDARD. Derartige Verkehrskontrollen erfolgen nach Maßgabe der jeweiligen Polizisten. Im konkreten Fall hat vermutlich das ausländische Kennzeichen den Ausschlag gegeben. Im Polizeicomputer gab es zu Saleh Abdeslam keinen Treffer, also durfte er weiter. Auch danach ist der junge Mann in Österreich polizeilich nicht aufgefallen.

Der Österreich-Bezug des Terrorverdächtigen hat eine Erhöhung der Sicherheitsmaßnahmen zur Folge. Konkrete Terrorgefahr für Österreich bestehe aber nicht, hieß es. Man müsse aber von einer erhöhten Risikolage in ganz Europa ausgehen. Schon anlässlich der Feier zum Nationalfeiertag auf dem Wiener Heldenplatz war die Polizei mit verstärktem Aufgebot im Einsatz.

Verhaftete bei Aachen wieder freigelassen

Im deutschen Alsdorf nahe der französischen Grenze wurden am Dienstag von Spezialkräften mehrere Personen festgenommen, drei davon – ein Mann und zwei Frauen – beim Verlassen eines Jobcenters. Nur wenig später wurde bekannt, dass sie wieder freigelassen werden. Es bestehe kein "engster Zusammenhang" mit den Terroranschlägen in Paris, erklärte der deutsche Innenminister de Maizière. Indes berichtete die Nachrichtenagentur AP, dass mittlerweile bereits nach einem zweiten Verdächtigen gefahndet wird. Ein Überwachungsvideo soll nach Angaben der AFP zudem belegen, dass insgesamt neun Attentäter an dem Anschlag beteiligt waren.

Identifiziert haben die Behörden jene Stimme, die auf einem Drohvideo des IS zu hören ist, in dem Anschläge in den USA und Frankreich angedroht werden. Sie gehört einem französischen Jihadisten namens Fabien C., der in Syrien vermutet wird. US-Außenminister John Kerry traf am Dienstag in Paris Präsident François Hollande. Die beiden seien sich einig geworden, den "Islamischen Staat" (IS) in Syrien stärker als bisher unter Druck zu setzen, sagte Kerry danach. (red, 17.11.2015)