Michael Häupl (SPÖ) und Maria Vassilakou (Grüne) unterzeichneten am Samstag den Koalitionspakt. Wegen der Veröffentlichung möglicher Nebenabsprachen dürfte es jetzt einen rot-grünen Streit geben.

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Wien – Lange hat der Frieden zwischen SPÖ und Grünen nicht gehalten. Die Tinte für die Unterschriften unter dem rot-grünen Wiener Koalitionspakt war noch nicht trocken, da offenbarten Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) und Maria Vassilakou bereits, dass sie weiterhin verschiedener Meinung zum Bau oder Nichtbau des Lobautunnels sind. Am Dienstag gab es bereits den nächsten Krach – wegen einer möglichen undichten Stelle.

Wie Ö1 berichtete, sollen abseits des Koalitionspaktes zwischen Rot und Grün Nebenabsprachen getroffen worden sein. Einer der Punkte: Der Ausstieg der Stadt Wien aus den Frankenkrediten soll fix sein. Ab 2016 sollen in einem Zeitraum von fünf bis sieben Jahren die Kredite nach und nach konvertiert werden – und das kursunabhängig, wie Ö1 berichtete.

SPÖ auf Grüne sauer

Die Existenz eines Sideletters wird im Rathaus aber bestritten. "Nebenabsprachen existieren nicht", heißt es entschieden aus dem Büro von Finanzstadträtin Renate Brauner zum STANDARD. "Neben dem Koalitionsübereinkommen ist keine Übereinkunft festgeschrieben worden." Hinter vorgehaltener Hand wird von SPÖ-Seite aber vermutet, dass die Informationen zum Ausstieg aus den Frankenkrediten aus dem Umfeld der Grünen stammen dürften.

"Das ist nicht produktiv und völlig unprofessionell", heißt es. Die neue, alte Partnerschaft würde durch das mögliche Vorpreschen der Grünen massiven Schaden nehmen. Bei den Grünen heißt es auf Anfrage des STANDARD aber offiziell ebenfalls: "Es gibt keinen Sideletter."

Strategie zum Ausstieg aus Frankenkrediten

Dass der kolportierte Ausstieg aus den Frankenkrediten in den nächsten fünf bis sieben Jahren inhaltlich zwischen SPÖ und Grünen auf eine andere Weise fixiert wurde, wurde vom Juniorpartner offiziell nicht bestätigt. Aus dem Büro Brauner wird verlautet, dass eine Strategie zum Ausstieg aus den Frankenkrediten unter Einbeziehung von Experten noch erarbeitet werde. Gespräche mit den Grünen "werden wir zügig abschließen und dann gemeinsam ein Ergebnis präsentieren – eher früher als später". Ein mögliches Szenario sei dabei auch die Konvertierung der Kredite in Teilschritten. "Die Strategie ist aber noch nicht fertig ausgearbeitet", wird versichert.

Ein Drittel der Schulden in Franken

Das Thema ist insofern brisant, als die Stadt Wien 33,9 Prozent der Schulden in Franken hält. Der aktuelle Finanzschuldenbericht 2014 weist diesen Prozentsatz mit 1,657 Milliarden Euro aus. Nicht verbucht ist hier aber der Franken-Schock, der eintrat, als die Schweizer Nationalbank im Jänner 2015 den Franken vom Euro entkoppelt hat. Über Nacht wuchs der fiktive Schuldenstand der Stadt, der die Fünf-Milliarden-Euro-Marke beim kommenden Rechnungsabschluss übersteigen wird, damit um rund 300 Millionen Euro.

Diese Verluste haben sich seither wieder leicht reduziert. Per 30. Oktober 2015 errechnete die Finanzabteilung der Stadt eine fiktive Verschlechterung bei den Frankenkrediten (im Vergleich zum 31. Dezember 2014) in Höhe von 171 Millionen Euro.

Dass es einige rot-grüne Vereinbarungen gibt, die sich nicht im Pakt wiederfinden, ist bekannt. So soll der Werbeetat der Stadt um ein Drittel reduziert werden. Im Koalitionsabkommen steht das nicht. Gerungen wird zwischen Rot und Grün darum, wie viel insgesamt beim Presse- und Informationsdienst (Pid) eingespart wird.

Juraczka wird ÖVP-Klubchef

Die Wiener ÖVP bestellte am Dienstag den ehemaligen Landesparteichef Manfred Juraczka wie erwartet zum neuen Klubchef. Sein Amt werde Juraczka aber spätestens zur Halbzeit der Legislaturperiode an Elisabeth Olischar übergeben, kündigte der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel an. Olischar kommt aus der JVP und gilt als Vertraute von Sebastian Kurz. Der bisherige Klubchef Fritz Aichinger bleibt Gemeinderat und kümmert sich künftig um Kultur- und Sportagenden. (David Krutzler, 18.11.2015)