Bild: Rise of the Tomb Raider
Bild: Rise of the Tomb Raider
Bild: Rise of the Tomb Raider
Bild: Rise of the Tomb Raider
Bild: Rise of the Tomb Raider
Bild: Rise of the Tomb Raider
Bild: Rise of the Tomb Raider
Bild: Rise of the Tomb Raider
Bild: Rise of the Tomb Raider
Bild: Rise of the Tomb Raider
Bild: Rise of the Tomb Raider
Bild: Rise of the Tomb Raider
Bild: Rise of the Tomb Raider
Bild: Rise of the Tomb Raider
Bild: Rise of the Tomb Raider
Bild: Rise of the Tomb Raider
Bild: Rise of the Tomb Raider
Bild: Rise of the Tomb Raider
Bild: Rise of the Tomb Raider
Bild: Rise of the Tomb Raider
Bild: Rise of the Tomb Raider
Bild: Rise of the Tomb Raider

Die laut Schöpfern erste große Expedition der Lara Croft ist tatsächlich eine unerbittliche Schlacht zwischen der Abenteurerin und der antagonistischen Organisation Trinity. "Rise of the Tomb Raider" macht Spieler weniger zu einer Schatzsucherin als zu einer Kriegerin, die ihren Widersachern und deren tyrannischer Weltanschauung mit jedem erdenklichen Mittel zuvorkommen will. Das Resultat ist eine bildschöne, abwechslungsreiche Tour de Force, die die rätselreichen Wurzeln der Serie meist in Nebenschauplätzen versteckt und auf ebenso viel Blut wie Mystik setzt.

Das ewige Leben

Objekt der Begierde ist ein verschollenes Artefakt, das ewiges Leben verspricht. Ein Quell der Unsterblichkeit, der in der sagenumwobenen, verschollenen Stadt Kitesch begraben liegt. Mit den alten Aufzeichnungen ihres Vaters in der Tasche macht sich Lara also auf eine Reise nach Syrien und ins eisige Sibirien, um das Geheimnis zu lüften. Trotz Aufbruchstimmung entfaltet sich daraufhin kein Popcornkino mit Augenzwinkern, sondern der Leidensweg einer Jägerin, die versucht, ihre skrupellosen Gegenspieler einzuholen und diesen wertvollen Schatz und die Erde vor Unheil zu bewahren.

Eine Ernsthaftigkeit, die sich in Laras Seufzen und Schmerzen genauso äußert wie in der Charakterisierung der Bösewichte, die von persönlichen Motiven getrieben zu abschreckenden Gräueltaten imstande sind. Andeutungen hätten hier bestimmt gereicht und dem Unterhaltungswert gutgetan, doch anstelle dessen wird man noch Zeuge dessen, wie einem gescheiterten Schergen bei lebendigem Leibe die Augen eingedrückt und Unschuldige kaltblütig hingerichtet werden.

Kein Multiplayer mehr: "Rise of the Tomb Raider" verzichtet auf einen Mehrspielermodus und fokussiert sich anstelle dessen zum Besseren auf das Soloerlebnis. Nach Ende der Story gibt es anstelle dessen Modi wie Score Attack. Darin kann man andere Spieler herausfordern, eine Mission mit mehr Punkten zu absolvieren als man selbst. Nette Zusätze, Spieler erhalten allerdings auch mit der Kampagne allein genug für ihr Geld.
tombraider

Nicht zu Scherzen aufgelegt

Eine erzählerische Entscheidung, die durch eine dramatische und technisch astreine Inszenierung getragen wird, und wohl daher rührt, sich klar von anderen Genrewerken abheben zu wollen. Von der Coolness, und glücklicherweise auch von der verbauten Statur der ganz alten Lara hat die neue nichts mehr und auch die Leichtfüßigkeit und Spitzzüngigkeit eines Indiana Jones sickert durch keine ihrer mit Blut und Dreck verstopften Poren. Inspirieren ließen sich die Entwickler dennoch gerne – speziell von der populären Konkurrenzserie "Uncharted". Der Anfang im Schneesturm inklusive Rückblende auf die Geschehnisse davor sowie spätere Endkämpfe lassen grüßen.

Laras eigenständige Entwicklung drückt sich im Spieldesign aus, das einem in eindrucksvollen Berglandschaften, dichten Wäldern und schaurigen Katakomben genauso Freiheiten zum Ausbau von Fähigkeiten wie zur Erkundung dieser Welt lässt. Lara kann Ruinen und steile Eiswände hochklettern, mit Pfeil und Bogen nach Tieren jagen, antike Schriften lesen lernen, um verborgene Pfade aufspüren zu können, und Feinde mit einem Sortiment an Schusswaffen und selbstgemachten Sprengstoffen über den Jordan schicken. Mit Erfahrungspunkten werden Leistungen verbessert und auch übersinnliche Fertigkeiten zur Entdeckung von Fallen und Interessenspunkten ausgebaut. Mit aufgeklaubten Ressourcen wie Holz, Fell, Eisen oder Federn verfeinert man Bogen und Maschinengewehre und erweitert seine Tragetaschen.

Brillianz abseits des Weges

Inhaltlich hätte man von diesen in Open-World-Games vom Schlage "Far Cry 4" vielfach durchgekauten Ansätzen absehen können, doch wurden damit Anreize geschaffen, Areale zu erkunden, anstatt durch sie durchzulaufen. Und insbesondere Rätselfreunde seien ermuntert, dies zu tun, denn wer strikt dem roten Faden der Geschichte folgt, wird die mitunter cleversten Momente im Spiel verpassen. Verteilt in den Arealen findet man optional erforschbare und mit der Liebe nie entstandener Zivilisationen in Stein gemeißelte Gräber, die spezielle Kräfte bergen und einen dazu einladen, auch später noch zurückzukehren und überaus kreativ angelegte Sprung- und Kletterpassagen zu absolvieren und Aufgaben der "angewandten Physik" zu lösen.

Um alle Herausforderungen meistern zu können, werden einem Fähigkeiten sukzessive antrainiert, ohne die Aufnahmekapazitäten zu überstrapazieren. Lernt man zunächst mit dem Klettereisen Felsspalten hochzukommen, gilt es später Seile über Abgründe zu spannen oder Pfeile als Klettersteige in Wände zu donnern. In Kombination überwindet man so tödliche Fallen und nutzt zur Instandsetzung gigantischer Wasserwerke Schwerkraft und Einfallsreichtum für sich. Verzichtet man auf alle der Zuwendung zum Massenmarkt geschuldeten technischen Hilfen, dringt durch die Gemäuer dieser sagenhaften Orte eine Atmosphäre der unersättlichen Neugier und des Entdeckerdrangs, wie man sie vor 20 Jahren bei den ersten Abenteuern der Serie spüren konnte.

Kreislauf der Entscheidungsschlachten

Für viele Hobby-Archäologen mögen dies die Höhepunkte einer umfangreichen Expedition sein, die unterbrochen von diesen ruhigeren Momenten stark kriegerische Züge annimmt. Während einem die Herangehensweise in einigen Abschnitten frei überlassen wird und man sich zwischen Angriffen (bevorzugt aus dem Hinterhalt) oder dem pazifistischen Vorbeischleichen entscheiden kann, zwingt einen der Spielverlauf in vielen Fällen zur Entscheidungsschlacht. So gut Lara mit dem Bogen umgehen und sich elegant wie Robin Hood von Baum zu Baum Fieslingen unbemerkt annähern kann, so brutal schlägt sie auch im Zweikampf zu, streckt Horden mit der Kalaschnikow nieder und schneidet muskelbepackten Schurken die Kehle durch.

Der kunstvolle Einsatz des Bogens im Zusammenspiel mit einer Reihe wirkungsvoller Brand- und Sprengpfeile hätte ausgereicht, um dem Spektakel Feuer unter dem Hintern zu machen. Doch so lernt man eine per Pumpgun induzierte aggressive Seite Laras inklusive Headshot-Zähler und freischaltbaren Berserkereigenschaften kennen, die besonders im letzten Drittel der Kampagne, wenn der Wettlauf mit der Privatarmee Trinitys an Fahrt aufnimmt, erzwungen wirkt, um Shooter-Fans zu gefallen. Und es beschleicht einen das Gefühl, die rasanten Entwicklungen würden immer wieder durch mehrfache Wellen an austauschbaren Soldaten in die Länge gezogen. Bei aller Varianz der fantasievollen Levels werden beliebig multiplizierte Zwischen- und Endgegner zu überflüssigen Hürden eines ansonsten aufregenden Dauersprints. Ballern war noch nie die interessanteste Eigenschaft dieser Grabraubzüge und ist es auch mit den bislang spektakulärsten Explosionen der Serie nicht.

Persönlichkeit der Widersprüche

Diese Verstrickung der verschiedenen Gameplay-Elemente lässt in Summe trotz solcher ideenloser Durststrecken selten Langeweile aufkommen. Noch besser funktionieren würde der Mix vielleicht, hätte man auf das eine oder andere widersprüchliche Extrem verzichtet. Lara wird beispielsweise als Überlebenskünstlerin inszeniert, die sich frierend und schnaufend von einem wärmenden Lagerfeuer zum nächsten schleppt, um dann dort ihre übermenschlichen Kräfte upzugraden. Lara ist flink und schlau und hat die Statur einer Ballerina, aber nimmt dennoch gut gepanzerte, zwei Köpfe größere Hünen mit bloßen Händen auseinander.

Lara beklagt die Gräueltaten ihrer Feinde, das Leid ist ihr mit feuchten Augen buchstäblich ins Gesicht geschrieben und hat keine Skrupel, mit voller Gewalt zuzuschlagen. Lara studiert Wandmalereien und liest Spuren im Schnee, doch wenn man will, aktiviert man ihr drittes Auge und folgt einfach dem leuchtenden Wegweiser zum nächsten Ausgang. Lara sorgt sich um die Erhaltung des historischen Erbes und hat kein Problem, dafür alles in Schutt und Asche zu legen. Lara kann nicht während des Kletterns schießen, doch ansonsten fast alles – und verwässert dadurch ihre eigene Identität. Vielleicht erschienen diese Kontraste weniger stark, hätten die Entwickler zum ursprünglichen Augenzwinkern der Serie zurückgefunden, im ernsten Ton der Erzählung heben sie sich nicht selbstironisch, sondern karikierend ab.

Fazit

"Rise of the Tomb Raider" ist vor allem eines: Große Unterhaltung vor den Kulissen einer fantastischen Welt der Sagen und Mythen, die so nur in Spielen zum Leben erweckt werden kann. Die erleuchtenden Momente findet man oft dort, wo einen die Hauptroute nicht hinführt und wo inspirierte Rätsel, waghalsige Kletterpassagen und nervenkitzelndes Anschleichen ins Rampenlicht rücken. Und wo die Faszination Schatzsuche zum interaktiven Kino wird. Dass Protagonistin Lara Croft dazwischen wie eine blutrünstige Kriegerin um sich schießt und Feinden den Schädel einschlägt, wird hingegen so manchem Actionfan gefallen. Ob das dann noch zu einer smarten und über die Jahre sehr ernst gewordenen Grabräuberin passt, ist eine andere Frage. (Zsolt Wilhelm, 18.11.2015)

"Rise of the Tomb Raider" ist ab 18 Jahren für Xbox One, Xbox 360 sowie Windows-PC und PlayStation 4 Pro erschienen. UVP: 59 Euro.