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NSA-Whistleblower Edward Snowden soll Attentätern indirekt geholfen haben, behaupten "Experten".

Foto: Reuters/Kelly

Die Anschläge, die vergangenen Freitag Paris erschütterten, werfen eine Reihe von Fragen bezüglich der Arbeit der europäischen Geheimdienste auf. So konnten sich offenbar mindestens acht Attentäter miteinander absprechen und eine koordinierte Attacke planen, ohne auf das Radar von Geheimdiensten zu gelangen. Für Sicherheitsexperten, die den Behörden nahestehen, sind die Mitschuldigen für die erfolgreiche Durchführung der Attentate bereits gefunden: NSA-Whistleblower Edward Snowden und Verschlüsselungsmaßnahmen sollen den Terroristen in die Hände gespielt haben.

US-Fernsehmoderatoren gegen Snowden

Besonders in den USA schießen sich Fernsehmoderatoren, die für die Meinungsbildung im Land eine Rolle spielen, auf den Whistleblower ein. So beschimpft die Fox-News-Moderatorin Dana Perino Snowden auf Twitter harsch. Sie war früher als Pressesprecherin des ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush tätig. Ihr Kollege Greg Gutfeld macht ebenfalls Snowden für die Attacken mitverantwortlich.

Allerdings wird gegen Snowden auch im liberalen Spektrum, dem der Fernsehsender CNN zugerechnet wird, Stimmung gemacht. "Die Terroristen haben Snowden gelesen und wissen, dass sie ihre Smartphones nicht benutzen dürfen", erklärte ein "Terrorismusexperte" auf CNN.

Verschlüsselungsverbot als Wahlkampfgag

Westliche Nachrichtendienste beklagen schon seit Monaten, dass Verschlüsselungsprogramme das "Mitlesen" bei der Kommunikation von Terroristen unmöglich machten. Der britische Premier David Cameron kündigte nach den ersten Attentaten in Paris vergangenen Jänner sogar an, Verschlüsselung verbieten zu wollen. Nach seiner Wiederwahl bei den Wahlen in Großbritannien wurde das Vorhaben fallengelassen. Auch FBI-Chef James Comey warnte mehrmals vor sicherer Kommunikation. Von IT-Koryphäen wie Bruce Schneier wurden Pläne eines Verschlüsselungverbots allerdings mehrfach als Träumereien und unseriöse Vorschläge bezeichnet.

Konsequenzen für Wirtschaft

Aus technischer Perspektive hätte ein Verbot von Verschlüsselung dramatische Konsequenzen, vor allem für Unternehmen. Der Schutz von Betriebsgeheimnissen wäre unmöglich, da Geheimdienste und Hacker die interne Kommunikation ausspähen könnten. Die US-Spione der NSA sollen aktiv Wirtschaftsspionage betrieben haben, um US-Konzernen Wettbewerbsvorteile zu verschaffen, berichtete der Journalist Glenn Greenwald in Bezug auf die Snowden-Enthüllungen. Außerdem hat die massive Ausspähung unbeteiligter Bürger erst zu einer steigenden Beliebtheit von Verschlüsselungsapps geführt.

Keine Infos zu Paris

Wie die Attentäter von Paris miteinander kommuniziert haben, ist bisher unklar. Dass elektronische Kommunikation abgehört werden kann, ist Terroristen allerdings schon seit Jahrzehnten klar. Meldungen von vergangener Woche, dass die Anschläge auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" im Jänner "von außen" gesteuert worden seien, zeigen aber, dass die Terroristen der ersten Paris-Anschläge entweder nicht verschlüsselt kommunizierten oder Behörden in der Lage sind, diese Schutzmechanismen zu durchbrechen.

Engere Kooperation als Kernstück

Geheimdienstmitarbeiter plädieren laut "Financial Times" jedenfalls für eine engere Kooperation der europäischen Dienste. Das sei das Kernstück einer Spionagereform. Kritiker der Massenüberwachung weisen außerdem darauf hin, dass durch das Abfangen von Millionen E-Mails, SMS und Telefonaten ein riesiger Berg an Informationen entstehe, der erst analysiert werden müsse. Es sei zielführender, in die Beobachtung amtsbekannter Verdächtiger und den Aufbau von menschlichen Quellen zu investieren. Zumindest einer der Attentäter von Paris soll laut Medienberichten dem französischen Geheimdienst schon vor den Anschlägen aufgefallen sein. (fsc, 15.11.2015)