Wir möchten nicht in einer Welt mit Krieg aufwachsen, weil Krieg dumm ist, und selbst diejenigen, die 'gewinnen', am Ende leiden." Diese kraftvolle Aussage, unverblümter und klarer als jede, die ich in Meetings mit nationalen Politikern gehört habe, kam von einer maßgeblichen Quelle: Kindern, die Konflikte, Armut, Verlust und sogar kriminelle Menschenhändler überlebt hatten.

Ihre Worte waren Teil eines Gedichtes, das mir Kinder im "Community of Sant'Egidio's Tenda di Abramo"-Zentrum in Rom vortrugen. Dieses Zentrum ist eines von mehreren Flüchtlingslagern, die ich in den vergangenen Wochen in Europa besucht habe, um Solidarität zu zeigen, nach vielen vorangegangenen Treffen mit Familien, die in Camps im Libanon, in Jordanien, in der Türkei und anderen Aufnahmeländern leben.

Wie daheim

Die Familien haben ihr Zuhause verloren, aber unter ihnen fühle ich mich daheim. Als ich mit einer kleinen Gruppe von Menschen aus dem Nahen Osten und Afrika zusammensaß, hörte ich aufmerksam zu, als ein junger Bub meine Aufmerksamkeit auf sich zog. "Wie alt bist du"?, fragte ich. "Sechs", sagte er stolz.

Ich erinnerte mich, wie ich, als ich in diesem Alter war, während des Koreakrieges fliehen musste. Obwohl ich nie so weit wie sie reisen musste und mir der Leidensweg, der sie gezeichnet hat, erspart blieb, kannte ich nur zu gut die Verwirrung und Angst, wie ich unser Dorf zurücklassen musste, als die Bomben fielen.

Unter UN-Flagge

Ich werde niemals vergessen, wie ich meinem Großvater zusah, wie er fieberhaft nach Essbarem in den Bergen suchte, wo wir uns versteckten. Ich war zu jung, um Ausdrücke wie "kollektive Sicherheit" zu verstehen, aber als ich die multinationalen Truppen unter der Flagge der Vereinten Nationen sah, wusste ich, wir waren nicht allein. Und als uns die Uno mit lebensrettenden Hilfsgütern versorgte, fühlte ich, dass ich Verantwortung übernehmen und der Welt, die mich gerettet hatte, etwas zurückzugeben sollte.

Ich bin nichts Besonderes. Jene Menschen, die ich in Tenda di Abramo in Italien, im Gabcíkovo-Zentrum in der Slowakei und im Integrationszentrum für Migranten in Spanien getroffen habe, wollen alle ebenso einen Beitrag für die Gesellschaft leisten. Menschen wie Alou Sanogo Badara, ein 22 Jahre alter Student aus Mali. Er floh vor dem Konflikt in seinem Land, marschierte 3000 Kilometer durch die Wüste und betrauerte Freunde, die auf dem Weg starben. Noch mehr verloren ihr Leben auf dem kleinen Boot im Mittelmeer, in dem er mit beinahe 100 anderen saß. Nun in Italien, über kulturelle Grenzen hinweg, sagt er: "Hier habe ich Freundschaft und Liebe gefunden."

Friedensvermittlerin

Sediqa Rahimi, eine zweifache Mutter aus Afghanistan, sagte, sie betrachtet sich als eine "Friedensvermittlerin". Während sie ihren eigenen Söhnen beim Spielen zusieht, erinnert sie sich an das Trauma zu Hause. "Wie viele Kinder wachen in Afghanistan vom Lärm des Gewehrfeuers und der Bomben auf?" Das ist die schreckliche Realität für Millionen von Syrern, die viel zu lange unter einem Krieg gelitten haben, den die Parteien und Länder mit Einfluss dringend beenden müssen.

Wie Millionen Europäer und andere, die ihre vernichtete Existenz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gemeinsam wieder aufbauten, wollen die heutigen Ankömmlinge, was alle Menschen wollen: Sicherheit, Stabilität und ein besseres Leben für ihre Lieben.

Hassreden

Ich bin tief betroffen angesichts jener, die das Leid der Menschen ausbeuten, indem sie Fremdenfeindlichkeit schüren und Hassreden halten. Diese Handlungen spalten Gemeinschaften, säen Instabilität und verraten die Werte und Menschenrechtsstandards, die die Europäische Union stützen. Ich appelliere an die europäischen und andere Politiker – und die Welt -, eine kollektive Antwort zu finden, die diese Werte reflektiert und die Würde von Menschen auf der Flucht vor Konflikten und Armut respektiert.

Das Verriegeln von Grenzen, Kriminalisierung und Inhaftierung werden keine Probleme lösen. Stattdessen sollten Länder sicherere und legale Wege für Migranten und Flüchtlinge bieten sowie mehr Wiederansiedelungsmöglichkeiten, bessere lokale Integrationsmöglichkeiten und größere Investitionen in chronisch unterfinanzierte Hilfsmaßnahmen gewähren. Mit kreativem Denken können wir Möglichkeiten für mehr Migranten und Flüchtlinge schaffen, zum Beispiel mit Stipendien durch den Privatsektor, humanitäre Visa und Diaspora-Sponsoren.

Dieses Mitgefühl ist auch ein effektiver Weg, Schmuggler- und Händlernetzwerke zu bekämpfen, die von verzweifelten Menschen profitieren.

Die derzeitige Politik ist eindeutig nicht angemessen. Für die internationale Gemeinschaft ist es an der Zeit, eine globale Antwort auf die riesigen Bevölkerungsströme zu finden. Ich arbeite daran, die Länder für eine humanere und koordiniertere Herangehensweise zusammenzubringen. Ein Fortschritt würde dem gemeinsamen Interesse aller Nationen dienen.

Die Kinder, die ich im Tenda-di-Abramo-Zentrum in Rom traf, sangen, wie sie aus verschiedenen Kontinenten anreisten. Ihre Darbietung schlossen sie mit einer Botschaft an die Welt: "Aber welchen Unterschied macht es? Wir sind alle Menschen." (Ban Ki-moon, 13.11.2015)