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Am 9. November herrschten bei Most noch Harmonie und Euphorie. Božo Petrov (li.) und Drago Prgomet feierten zusammen den Wahlerfolg.

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Die große Überraschung der kroatischen Parlamentswahl, die neue Partei Most, hatte wenig Zeit, ihren Wahlerfolg zu feiern – und noch weniger, sich zu konsolidieren. Aber genau das bräuchte Most. Die Partei war bisher ein loses Listenbündnis von an sich unabhängigen Politikern, und der überraschende Wahlausgang, der sie zum Königsmacher werden ließ, erforderte eine rasche Konsolidierung nach innen und eine klare Positionierung nach außen. An beiden Vorhaben ist Most bisher gescheitert.

Vergangenheit holt Karamarko ein

Viel wurde darüber spekuliert, mit wem Most eine Koalition eingehen wird. Ihr wirtschaftsliberales Programm sprach eher für eine Koalition mit der konservativen HDZ. Die persönlichen Differenzen einiger ihrer Mandatare mit der HDZ unter der Führung Tomislav Karamarkos eher für eine mit der sozialdemokratischen SDP: Interne Reibereien des immer autoritärer nach innen auftretenden Karamarko hatten erst Ende Februar zum Weggang von Drago Prgomet aus der HDZ geführt (und davor schon zum Weggang der ehemaligen Premierministerin Jadranka Kosor); zudem ist ein weiterer Most-Politiker, Stipe Petrina, bekennender Verächter der Christdemokraten unter Karamarko.

Ausschluss von Prgomet

Dass es da zu einer innerparteilichen Lagerbildung zwischen Pro-HDZ- und Pro-SDP-Abgeordneten kommen würde, hatten viele erwartet. Dass aber so schnell der Parteiausschluss eines ihrer Spitzenpolitiker, Drago Prgomet, folgte, war dann doch überraschend.

Die Umstände, die zu Prgomets Ausschluss führten, werden unterschiedlich dargelegt. Most-Chef Božo Petrov sagt, ein Treffen zwischen Premierminister Zoran Milanović (SDP) und Prgomet, das angeblich ohne sein Wissen stattfand, sei Grund für den Ausschluss gewesen. Prgomet wiederum behauptet, dass Petrov von dem Treffen gewusst habe und er am Tag darauf auch mit dem HDZ-Politiker Željko Reiner hätte zusammenkommen sollen.

Prgomet kritisierte Petrov

Sicher ist nur, dass Petrov und Prgomet sich über den Kurs der Partei uneins waren. Petrov dachte mit seinem Vorschlag, dass Most als Moderator in einer Koalition mit HDZ und SDP fungieren sollte, indirekt Neuwahlen an, da eine Koalition der beiden Großparteien derzeit undenkbar erscheint. Er wollte sich, wie es aussieht, Zeit verschaffen, um die Konsolidierung nach innen voranzutreiben.

Prgomet hingegen warf Petrov vor, keine Verantwortung übernehmen zu wollen, und drängte auf eine Koalition mit der SDP; eine mit der HDZ unter Karamarko schloss er aus. "Wir haben die Mandate bekommen, um mitzuregieren und nicht Neuwahlen zu provozieren", sagte er dem Fernsehsender N1.

Medienpolitisches Fiasko

Für Most bedeuten der Ausschluss Prgomets und der darauffolgende Abgang dreier weiterer Mandatare (deren Namen noch unbekannt sind) ein medienpolitisches Fiasko. Nichts ist mehr da von der Hoffnung, dass die Partei fähig sein würde, dringend nötige Reformen durchzuführen. Bei ersten kleinen Differenzen begann Most sich selbst zu zerfleischen und reduzierte sich an einem Tag von 19 auf 15 Mandatare. Wie die Partei den Wählern erklären will, dass sie das Land zwar reformieren möchte, aber nicht bereit ist, Regierungsverantwortung zu übernehmen, ist unklar.

Der unerfahrene Parteichef Petrov hat mit der Aktion seinen politischen Spielraum stark eingeschränkt und sich sowohl nach innen als auch nach außen erpressbarer gemacht. Dass die Partei die Zerreißprobe ohne weitere Schäden überlebt, ist schwer zu glauben. Derzeit spricht vieles für Neuwahlen in Kroatien. Und die würden für Most unter den aktuellen Vorzeichen nicht gut ausgehen.

Eine weitere Option wäre, dass Most noch weiter zerfällt und die Abgeordneten sich zwischen SDP und HDZ aufteilen. Für die Partei kam der Wahlerfolg überraschend. Die unausgereiften Parteistrukturen und ihre mangelnde Vorbereitung auf ein solches Szenario könnten nun zu ihrem Sargnagel werden. (Siniša Puktalović, 13.11.2015)