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Derzeit wird die Arbeit in Alten- und Pflegeheimen nur zu 15 Prozent von Männern ausgeübt.

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Günter Saukel hat sich nach dem Zivildienst für den Pflegeberuf entschieden.

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"Die größte Freude ist, wenn man Menschen, die schon mit dem Leben abgeschlossen haben, noch einmal ein Ziel geben kann", erzählt Günter Saukel. Der 59-Jährige ist diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger im Pflegewohnhaus Baumgarten in Wien-Penzing. Hier finden am Donnerstag, dem achten Boys' Day, verschiedene Workshops statt, bei denen sich Burschen zwischen zehn und 18 Jahren ein Bild von der Praxis in einem Sozialberuf machen können. Vorzugsweise männliche Mitarbeiter stellen bei österreichweit insgesamt mehr als 300 Veranstaltungen den Jugendlichen ihr Arbeitsumfeld vor, um eine nichttraditionelle Berufswahl zu fördern.

Wertschätzung

Die Berufsgruppen Soziales und Erziehung sind in Österreich mit über 70 Prozent Frauenanteil noch immer ein klar weiblich dominierter Bereich. Die Arbeit in Alten- und Pflegeheimen wird nur zu 15 Prozent von Männern ausgeübt. Günter Saukel ist einer von ihnen. Er hat sich Anfang der 1970er-Jahre nach seinem Zivildienst für den Pflegeberuf entschieden, weil es "Arbeit war, die Spaß gemacht hat". Er genoss das junge Team und die Wertschätzung, die er in seinem Beruf erfahren hat.

Die größte Herausforderung nach mehr als 40 Berufsjahren ist für ihn, "eine maximal professionelle Einstellung zu behalten, die Emotionen zulässt". "Man sieht so viele Schicksale", sagt er, "da ist die Gefahr des Ausbrennens groß. Das muss man aushalten." Außerdem dürfe man in seinem Beruf "keine Angst vor Menschen haben". Viele der Hebetechniken seien "sehr körpernah", damit meine er noch gar nicht "das Extrem der Körperpflege".

Zur Fußball-WM

Dafür bekomme man sehr viel zurück: Saukel bringt das Beispiel einer alten Dame, die "kraftlos, willenlos, freudlos, appetitlos" gewesen sei. Durch Zufall habe er im Dienst mit ihr ein Fußballspiel im TV gesehen, man sei ins Plaudern gekommen – und ihre Lebensgeister seien erwacht. "Ich war überrascht, wie gut sie sich bei den damals aktuellen Teams auskannte", erzählt Saukel. Kurzum, ein Jahr später habe die besagte Frau dem Pflegeteam eine Ansichtskarte von der Fußball-WM in Spanien geschickt. Sie hatte sich den Traum erfüllt, dort ein Match zu sehen.

Was spricht neben solchen besonderen Erfolgserlebnissen für einen Mann im Pflegeberuf? "Ich bin dafür, dass in diesem Beruf – wie in jedem anderen auch – sich unsere Gesellschaft in einem ausgewogenen Verhältnis widerspiegeln soll", sagt Saukel. "Die Männer selbst haben den Vorteil, in einem angenehmen Team mit großartigen, meist weiblichen Vorgesetzten zu arbeiten", erklärt er, "das tut auch der eigenen Gesundheit gut." Außerdem weist er auf die guten Karrierechancen hin. 85 Prozent aller Absolventen von Gesundheitsschulen mit Pflegeausbildung finden innerhalb von drei Monaten nach Abschluss einen Job. Das durchschnittliche Einstiegsgehalt beträgt laut AMS-Berufsinformationssystem 2.070 Euro (mittlere/höhere Schulen) bis 2.960 Euro (Uni/FH/PH) brutto im Monat.

Mehr als 4.000 Burschen haben im Vorjahr am Boys' Day teilgenommen. 96 Prozent fanden laut Evaluierung des Sozialministeriums die Besuche in den mehr als 230 teilnehmenden Einrichtungen "sehr gut" oder "gut", rund drei Viertel von ihnen bewerteten eine Karriere in einem Sozialberuf nach dem Boys' Day als "positiv". Wie viele von ihnen tatsächlich wie Günter Saukel diesen Berufsweg einschlagen, werden erst zukünftige Statistiken zeigen. (Tanja Paar, 10.11.2015)