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Einer der teuersten Handschläge der österreichischen Geschichte: Am 14. Dezember 2009 besiegelten die Finanzminister Josef Pröll (re.) und Georg Fahrenschon die Hypo-Übernahme durch die Republik.

Foto: APA/Neubauer

Wien – Die Aufklärungsversuche im Hypo-Untersuchungsausschuss haben diese Woche die Verstaatlichungszeit erreicht – also den Dezember 2009. Licht ins Dunkel dieser hektischen Tage vor dem 14. Dezember zu bringen ist nicht so leicht – nicht zuletzt, weil es keine offiziellen Protokolle zu den Verhandlungen gibt.

Einige der damals Involvierten haben allerdings eigene Aufzeichnungen gemacht; zum Beispiel Notenbankerin Karin Turner-Hrdlicka. Sie war am Samstag, 12. Dezember, bei Vorgesprächen in der FMA und im Finanzministerium dabei. Montagfrüh wurde die Hypo verstaatlicht.

Finanzminister Josef Pröll beschrieb die Hypo-Szenarien in der Sitzung ab 15.00 Uhr laut Protokoll so: "Kapitalbereitstellung durch den Bund, Geschäftsaufsichtsverfahren sowie Insolvenzszenario." Eine Übernahme durch den Bund werde derzeit nicht als Option gesehen. Für die Bayern sei die Situation vergleichbar schwierig, führte Pröll laut diesem Protokoll aus. Ein Statement, das Werner Kogler von den Grünen beinahe beruhigt: "Das zeigt, dass der Finanzminister nicht ganz so dumm war, dass er nicht auch über das Risiko und den Poker der Bayern Bescheid wusste".

Notenbank-Chef Ewald Nowotny hatte zuvor auch mit EZB-Chef Jean-Claude Trichet und seinem Kollegen von der deutschen Bundesbank, Axel Weber, konferiert; Letzterer sei gegebenenfalls auch bereit, am Sonntag nach Wien zu kommen, berichtete Nowotny. Erstmals sei man im Eurosystem damit konfrontiert, dass eine Systembank unter Umständen tatsächlich verschwinde – die Folgen seien "schwer abschätzbar". Trichet und Weber hatten offenbar unterschiedliche Auffassungen. Während Ersterer laut Nowotny im Konkursfall "massive negative Auswirkungen" sah, vertrat der deutsche Bundesbankchef die Ansicht, "die BayernLB könnte einen Konkurs der Hypo Alpe Adria allein stemmen". Nowotny selbst riet zu diesem Zeitpunkt noch von der Verstaatlichung ab.

Gut vernetzter Anwalt

Nicht nur deren Umstände, sondern auch die Verabreichung der ersten Staatshilfe ein Jahr zuvor geben Rätsel auf. Es geht um die legendäre Bewertung der Hypo mit dem Prädikat "nicht notleidend" ("not distressed") durch die Notenbank und die anschließende Umbenennung in "gesund" ("sound") durch das Finanzministerium. Notenbanker rechtfertigten ihre Notengebung im Ausschuss mit dem eingeschlagenen Sanierungskurs der Hypo und einer bereits kurz vor der Beurteilung erhaltenen Kapitalstärkung um 700 Mio. Euro von den Bayern.

Die entscheidende elfstündige Sitzung fand am 18. 12. 2008 im Beisein von Vertretern der BayernLB, der Hypo, der Finanzprokuratur, der Notenbank, des Kanzleramtes und des Finanzministeriums statt. Die Hypo wurde dabei rechtlich u. a. von Leopold Specht, Kompagnon von Exkanzler und Hypo-Berater Alfred Gusenbauer, vertreten, wie aus einem Protokoll des Ministeriums hervorgeht.

Die Vertreter der Republik klopften Hypo und BayernLB auf zahlreiche kritische Punkte ab und erhielten durchwegs positive Antworten. Etwa dass die Hypo "weiterhin ein wichtiger Bestandteil der BayernLB" bleibe, obwohl intern schon die Aufgabe der Südosteuropastrategie feststand. Zudem wurde von der Kärntner Bank versichert, dass es keine "zusätzlichen ,Drohpotenziale'" gebe, weil "die wichtigsten Posten schon bereinigt" seien. Ein Wirtschaftsprüfer von Deloitte untermauerte die optimistischen Hypo-Aussagen. In einer Sitzungspause vereinbarten die Vertreter der Republik, dass sie mit einem Betrag von 720 Mio. Euro in die Verhandlungen gehen wollen (die Hypo wollte 1,45 Mrd. Euro). Später verständigten sich die Staatsdiener darauf, die Hypo als "sound bank" zu behandeln und 900 Millionen Euro zu gewähren. Der für Banken zuständige Kabinettsmitarbeiter von Finanzminister Josef Pröll "teilt mit, der HVK (Herr Vizekanzler; Anm.) könne 900 Mio. Euro akzeptieren. Betreffend ,sound bank' gilt die Aussage der OeNB."

Neos-Mandatar Rainer Hable findet die Vorgänge Ende 2008, die zum Verlust von 900 Millionen Euro Steuergeld führten, "bemerkenswert". Er äußert die "Vermutung, dass politische Interventionen" für den "Persilschein" ausschlaggebend waren. (Renate Graber, Andreas Schnauder, 7.11.2015)