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Die "heimatliebende Koalition" wirbt um Stimmen: "Für ein stolzes und starkes Kroatien."

Foto: APA / EPA / ANTONIO BAT

Am Sonntag finden in Kroatien die Parlamentswahlen statt. Glaubt man den aktuellsten Umfragen, liegen die beiden großen Lager Kopf an Kopf. Die Umfragen vor einigen Monaten attestierten der "heimatliebenden Koalition" ("domoljubna koalicija", eine Koalition aus sieben Parteien, angeführt von der HDZ) noch einen Vorsprung zwischen fünf und acht Prozent.

"Wer ist der größere Patriot"-Battle

Ein Grund für das Aufholen der regierenden Koalition, die diesmal unter dem Namen "Kroatien wächst" ("Hrvatska raste", eine Koalition aus sechs Parteien, angeführt von der SDP) antritt, dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass Premier Zoran Milanović sich dem "Wer ist der größere Patriot"-Battle mit seinem Kontrahenten Tomislav Karamarko (HDZ) gestellt hat.

So betonte Premier Milanović mehrfach, dass er und seine Koalition die wahren Patrioten sind, die für Kroatien kämpfen, dass seine Partei die christlichen Werte hochhalten würde (Milanović selbst sieht sich als Atheist) und dass sogar Papst Franziskus sie wählen würde. Mit diesen Aussagen spielt er auf die flüchtlingsfreundliche Politik seiner Regierung an.

Der zehnte Serbe

Doch wenn es darum geht, patriotisch gesinnte Wähler zu mobilisieren, kann der HDZ nur schwer jemand das Wasser reichen. Dass es auch weiterhin so bleibt, dafür ist der "patriotischen Koalition" jedes Mittel recht, und so verschwimmen auch in diesem Wahlkampf die Grenzen zwischen Patriotismus und Radikal-Nationalismus. Die HDZ koaliert diesmal nicht nur mit der radikalnationalistischen HSP-AS (Hrvatska stranka prava), sondern auch mit der Pro-Ustascha-Partei HČSP (Hrvatska čista stranka prava).

Im Wahlkampf tauchten vonseiten der "heimatliebenden Koalition" auch diffamierende Plakate gegenüber Regierungsmitgliedern auf. Schon vor einem Jahr, als Boris Lalovac als Finanzminister vereidigt wurde, ätzten die rechten Boulevardblätter "vom zehnten Serben" in der Regierung (wer die anderen neun sein sollen, wurde nicht geschrieben). Als Beweis dafür, dass er Serbe ist, führten sie den Namen seines Vaters an, der im heutigen Nachkriegs-Kroatien nach der Neukodierung der Namen in nationalistischen Kreisen als ein Name, den ein Kroate nicht tragen darf/sollte.

Um im Wahlkampf nochmals darauf hinzuweisen, dass Lalovac kein echter Kroate sei, wurde vor ein paar Tagen ein Plakat aufgestellt, das wie ein Auszug aus dem Geburtsregister aussieht. Darauf ist zu lesen, dass Finanzminister Lalovac Jugoslawe sei, die Namen seiner Eltern und seines Bruders wurden ebenfalls angeführt. Die Botschaft des Plakats ist klar: Die wahren Patrioten sind wir – und nicht diese serbenfreundlichen und im Herzen sich als Jugoslawen fühlenden "Roten".

Sehnsucht nach Veränderung

Der Wunsch nach Veränderung ist in Kroatien allgegenwärtig – und das nicht ohne Grund. Die schwache Wirtschaft wächst nur sehr langsam, die Arbeitslosigkeit ist trotz leichter Verbesserungen heuer im EU-Durchschnitt mit knapp 17 Prozent noch immer enorm hoch. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt sogar bei 43 Prozent. Die Verschuldung der Bürger, und das nicht nur aufgrund der Frankenkredite, ist ebenfalls hoch. Die Perspektivlosigkeit führt dazu, dass viele Kroaten das Land verlassen, allein letztes Jahr waren es 25.000. In den letzten zehn Jahren ist die Bevölkerungszahl um mehr als 150.000 Einwohner geschrumpft.

Da keine Partei aber tatsächliche Lösungen für das Dilemma anzubieten hat beziehungsweise mit den schmerzhaften, notwendigen Reformen Wähler während des Wahlkampfes nicht verlieren möchte, wird die Patriotismusplatte rauf und runter gespielt.

Falls die kroatischen Wähler am Sonntag tatsächlich ihrem Wunsch nach Veränderung nach patriotischen Kriterien zum Ausdruck bringen wollen, dürfte die größere Glaubwürdigkeit in diesem Bereich die HDZ zum Wahlsieger machen. Dass auf Platz drei die Partei MOST landen könnte, deren Spitzenkandidat Drago Prgomet ein ehemaliges HDZ-Mitglied ist, dürfte ein potenzieller Koalitionspartner auch schon bekannt sein. (Siniša Puktalović, 7.11.2015)