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Der Wintertourismus lebt vom Skifahren, es gilt künftig an einem Strang zu ziehen.

Foto: Reuters / Fayaz Kabli

Kaprun – Ein Hotelier gegen den anderen, beide gegen die Seilbahngesellschaft und diese gegen die Liftbetreiber in der Nachbargemeinde. Die Liste an Grausamkeiten ist lang, mit denen im Tourismus jahrzehntelang ohne Rücksicht auf Verluste agiert wurde. Von dem Virus namens Neid blieben weder Skischulen noch die Skiindustrie verschont. In Zeiten, da Alternativen für einen Winterurlaub in den Bergen nur einen Mausklick entfernt sind, können sich das immer weniger leisten.

Zusammenarbeit heißt nun die Devise. Damit soll der digitalen, sich immer schneller drehenden Welt da draußen etwas Handfestes entgegengesetzt werden. "Halb zog sie ihn, halb sank er hin", könnte man in Anlehnung an eine Gedichtzeile aus Goethes Die Fischerin auf die Branche gemünzt sagen. Denn ohne die schneeärmeren Winter, die es wegen des Klimawandels vermutlich häufiger geben wird, ohne die veränderten Gästewünsche und Sorgen, es könnten zu wenige Skifahrer nachkommen, hätte sich wohl kaum etwas bewegt.

Gemeinsamer Kraftakt

So aber sind Wirte und Hoteliers, Seilbahner, Skilehrer und Skibauer über ihre Schatten gesprungen. Unter tatkräftiger Mithilfe einiger Leute, die nicht zusehen wollten, wie alles den Berghang hinunterrutscht, ist die Allianz Zukunft Winter aus dem Boden gestampft worden. Nach einem holprigen Start vor neun Jahren und einem vorsichtigen Abtasten seither sind sich die maßgeblichen Kräfte nun einig, dass der an Auszehrung leidende Wintersport nur durch eine gemeinsame Kraftanstrengung belebt werden kann.

"Der Skisport ist nicht ersetzbar, nur ergänzbar durch zusätzliche Angebote", brachte es Petra Nocker-Schwarzenbacher, Obfrau der Sparte Tourismus in der Wirtschaftskammer, bei einem Branchentreff in Kaprun auf den Punkt. Einen Plan B gebe es nicht. Man halte an Plan A fest, und der heiße Skisport, assistierten Richard Walter vom Skischulverband, Fischer-Geschäftsführer und Sprecher der Österreichischen Skiindustrie Franz Föttinger sowie Ferdinand Eder, Obmann des Fachverbands der Salzburger Seilbahnen.

Zugpferd Skisport

Wie zentral der Tourismus für Österreich ist, zeigen ein paar Zahlen: Alle Branchen, die sich mit Leistungen rund um den Gast beschäftigen, tragen zusammen etwa 15 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei – mehr geht fast nicht. Mit dem Tourismus sind darüber hinaus rund 750.000 Vollzeitarbeitsplätze verbunden, wobei der Winter dem Sommer längst den Rang abgelaufen hat. So standen 2014 elf Milliarden Euro Umsatz im Sommerhalbjahr 12,5 Milliarden im Winterhalbjahr gegenüber.

Immer noch gibt die Mehrzahl der Befragten als Hauptmotiv für einen Winterurlaub in Österreich Skifahren an, und das, obwohl die Kosten steigen und in einigen Skigebieten heuer erstmals die magische 50-Euro-Grenze gefallen ist. An dem Stück Holz, Pardon: Kunststoff, das man sich an die Füße schnallt, um damit von O wie oben nach U wie unten zu kommen, hängt bedeutend mehr, als man auf den ersten Blick meinen könnte.

Trend zum Online-Kauf

Dabei verkauft die Industrie immer weniger Ski. Waren es Anfang der 1990er-Jahre weltweit noch mehr als acht Millionen Paar Alpinski, sind es inzwischen gerade noch knapp 300.000 Stück. Und davon wird zumindest jedes zweite Paar geliehen, nicht mehr gekauft – Tendenz steigend. Und noch ein Trend ist zu beobachten: Online-Kauf, wobei die Bindungen nachträglich eingestellt werden. Schulskiwochen, wie es sie früher einmal von oben verordnet gegeben hat, wären das probate Mittel, um den skifahrerischen Nachwuchs zu sichern, ist sich die Branche einig.

Weil man die Uhr aber nicht mehr zurückdrehen kann, will man nun mit vergünstigten Aktionen und dem Angebot, nicht Ski fahrende Jugendliche in drei Tagen skifit zu machen, Versäumtes nachholen. Begonnen wird damit heuer in Salzburg, bei Erfolg soll das Projekt auf andere Bundesländer ausgerollt werden. Damit die Skilehrer lernen, wie sie am besten mit den Skifahrern von morgen umgehen, hat der Verband die neuesten Erkenntnisse zwischen zwei Buchdeckel pressen lassen. Das Werk ist mehr als 500 Seiten dick und entsprechend schwer. Das sollte sich aber auf die Leichtigkeit des Skifahrens nicht negativ auswirken. (Günther Strobl, 6.11.2015)