Bild nicht mehr verfügbar.

Auf dem Sinai wird weiter nach Indizien dafür gesucht, wieso vergangenen Samstag ein russischer Airbus abstürzte.

Foto: Russian Ministry for Emergency Situations photo via AP

Bild nicht mehr verfügbar.

Der britische Premier David Cameron und Ägyptens Präsident Abdelfattah al-Sisi bemühten sich Donnerstag in London um freundliche Worte.

Foto: AFP PHOTO / ADRIAN DENNIS

Bild nicht mehr verfügbar.

In Russland wurden erste Verstorbene begraben.

Foto: AP Photo / Ivan Sekretarev

Wo die Maschine über dem Sinai abgestürzt ist.

Grafik: Standard

Es wäre auch so schon ein schwieriges Treffen geworden: In London demonstrierten am Donnerstag jeweils etwa 300 Menschen für und gegen den Besuch des ägyptischen Staatschefs Abdelfattah al-Sisi in London. Doch nun wurde alles noch komplizierter. In der Nacht zum Donnerstag waren die britischen Behörden vorgeprescht und hatten öffentlich die Vermutung aufgestellt, nicht – so wie von Ägypten angegeben – ein technischer Defekt, sondern die Explosion einer Bombe hätten den Absturz des russischen Airbus A321 am Wochenende verursacht, bei dem auf dem ägyptischen Sinai 224 Menschen gestorben waren.

Kurz vor dem Treffen der beiden legte Cameron noch einmal nach: Es sei seiner Ansicht nach "wahrscheinlicher schon als nicht der Fall", dass der Absturz auf das Konto von Terroristen des "Islamischen Staates" (IS) gehe. Offiziell verweigerten Cameron und sein Außenminister Philip Hammond jede Auskunft auf die Frage, worauf ihre Entscheidung basierte. Luftfahrtexperten in London wiesen aber auf die enge Zusammenarbeit zwischen britischen, US-amerikanischen und saudischen Geheimdiensten hin.

Ägyptens Präsident Sisi kritisierte das britische Vorgehen vor der Presse in London als voreilig. Bei seinem späteren Zusammentreffen mit Premier Cameron in der Downing Street lächelten beide Politiker dann wieder einigermaßen diplomatisch, danach kündigten sie Zusammenarbeit bei der Aufklärung an. Britische Fluggesellschaften wollten am Freitag vereinzelte Rückflüge von Sharm el-Sheikh durchführen.

Sicherheit von Weltstandard

Weniger diplomatisch als Sisi, sondern eher empört, gaben sich die Mitglieder seiner Regierung in Ägypten: Alle Flughäfen im Land hielten Sicherheitsmaßnahmen von Weltstandard ein und würden laufend überprüft, erklärte am Donnerstag Luftfahrtminister Hossam Kamel. Die Untersuchungen hätten bisher keine Indizien oder Daten erbracht, die die Hypothese einer Bombenexplosion stützen würden, betonte er weiter.

Derzeit wird der Flugschreiber ausgewertet. Der Stimmrekorder ist nach Angaben aus Russland zum Teil beschädigt, weshalb es mehr Zeit brauchen wird, um die Daten auszulesen – die Rede ist von möglicherweise mehreren Monaten. Über den Inhalt der bereits ausgelesenen Aufzeichnungen wurden keine Angaben gemacht. Die Absturzstelle wurde auf einem Gebiet von über 30 Quadratkilometern mit russischen Drohnen abgesucht.

Keine Vorwarnung

Auch Ägyptens Außenminister Sameh Shoukry reagierte verärgert auf die britischen Äußerungen. Die von Großbritannien veröffentlichten Erkenntnisse seien zuvor weder mit Kairo noch mit Moskau geteilt worden. Der IS hatte am Mittwoch in einer Audiobotschaft die Verantwortung für den Absturz noch einmal bekräftigt, allerdings ohne sein Vorgehen zu beschreiben. Die Gruppe, die anfangs von einem Abschuss gesprochen hatte, präzisierte, die Tat sei genau ein Jahr nach der Loyalitätsbekundung der lokalen Organisation Ansar Beit al-Maqdis zum IS und dem selbsternannten Kalifen Abu Bakr al-Baghdadi erfolgt.

Über drei Dutzend Ferienflieger aus verschiedenen Ländern sind am Donnerstag auf dem Flughafen von Sharm el-Sheikh gelandet und gestartet, darunter aber vorerst keine aus England und Irland. London sandte stattdessen eigene Sicherheitsexperten in den Badeort – ein klares Misstrauenssignal an die ägyptischen Behörden –, um Sicherheitsmaßnahmen zu prüfen. Vorerst sitzen bis zu 20.000 Briten in der Region fest.

Katastrophe für Tourismus

London spricht von einer Vorsichtsmaßnahme. Ob es konkrete Warnungen vor einem weiteren Anschlag gebe, wurde nicht kommentiert. Bereits nach dem Absturz am vergangenen Samstag haben verschiedene Fluggesellschaften ihre Routen geändert und den Sinai nicht mehr überflogen.

Für den ägyptischen Tourismus könnte jedenfalls bereits die Angst vor Bomben katastrophale Folgen haben. Die deutsche Lufthansa und ihre Töchter Eurowings und Edelweiss stellten ihre Flüge nach Sharm el-Sheikh am Donnerstagnachmittag bereits ein. Österreichische Fluglinien waren dorthin schon bisher kaum mehr geflogen. Nur ein Charteranbieter hatte noch samstägliche Flüge mit der Airline Flyniki angeboten. Österreicher sind daher nur eher wenige in der unmittelbaren Region.

Auch evaluierte die österreichische Botschaft in Kairo nach eigenen Angaben am Donnerstag die neuen Meldungen zum Absturz. Für Ägypten bestanden bereits zuvor partielle Reisewarnungen. (Sebastian Borger aus London, Astrid Frefel aus Kairo, 6.11.2015)