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Aushängeschild für Podemos: Ada Colau, Bürgermeisterin von Barcelona.

Foto: reuters

"Aufholjagd" nennt Podemos die bevorstehende Kampagne für die spanische Parlamentswahl am 20. Dezember. Die Umfragen sehen die Protestpartei, die von einer Gruppe rund um den 37-jährigen Politikprofessor Pablo Iglesias im Jänner 2014 gegründet wurde, weit schwächer als noch vor wenigen Monaten. Lag sie nach dem Erfolg bei der Europawahl im Mai vergangenen Jahres zeitweise auf Platz eins in der Wählergunst, sehen sie die Meinungsforschungsinstitute nun nur noch auf Platz drei oder vier.

"Wir waren immer vorsichtig mit den Umfragen, egal ob wir vorn lagen oder hinten", erklärt Iglesias. Tatsächlich haben die Umfragen Podemos immer wieder deutlich unterschätzt.

Erbe der Empörten

Für Iglesias geht es ums Ganze. Der junge Mann würde gerne in den Regierungspalast Moncloa einziehen. Podemos sieht sich als Erbe der Bewegung der Empörten, der 15M, so genannt nach jenem 15. Mai 2011, als erstmals Hunderttausende gegen Sparpolitik und Korruption auf die Straßen gingen. Wie 15M will sich Podemos in kein klassisches Links-rechts-Schema einordnen lassen. Bei Themen wie der Unabhängigkeit Kataloniens stellt sich die Partei bewusst zwischen Separatisten und Zentralisten und fordert eine Volksabstimmung ähnlich wie in Schottland, macht aber gleichzeitig klar, dass sie für den Verbleib der Region bei Spanien ist.

Podemos kann bereits Erfolge vorweisen: Im Frühjahr zog man in alle Regionalparlamente ein und ist in mehreren Regionen Mehrheitsbeschaffer. Bürgerlisten stellen in Großstädten wie Madrid, Barcelona und Compostela seit der Kommunalwahl im Mai die Gemeindeverwaltungen. "Der Wandel beginnt in den Städten", heißt es bei Podemos.

Dreikampf neben Podemos

Neben Podemos streiten drei Parteien um die Wählergunst. Der konservative Premier Rajoy würde gerne bleiben. Der Chef der sozialistischen PSOE, Pedro Sánchez, hofft auf eine Mehrheit mit der aus Katalonien stammenden Partei Ciudadanos, die als eine Art "rechte Podemos" ins Rennen geht, oder mit Podemos selbst. Iglesias will nur dann mit den Sozialisten paktieren, wenn Podemos diese an den Urnen überholt. "Nur dann ändert sich die Politik der Sozialisten", begründet er das. Madrid, wo Bürgermeisterin Manuela Carmena von der Liste "Ahora Madrid" rund um Podemos die Geschicke der Stadt lenkt, dient ihm als Beweis.

Carmena stoppt, wo immer es geht, Zwangsräumungen von Wohnungen, hebt den Sozialhaushalt an, will privatisierte Dienstleistungen wie Straßenkehrer und Parkpersonal in öffentliche Hand zurückführen. Die Sozialisten unterstützen sie dabei. Carmena ist damit, ähnlich wie die Bürgermeisterin von Barcelona, Ada Colau, ein Aushängeschild für die "neue Politik", die Podemos für ganz Spanien verspricht. (Reiner Wandler aus Madrid, 4.11.2015)