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Ein palästinensischer Demonstrant mit Steinen bei Ausschreitungen in Hebron Ende Oktober.

Foto: APA/EPA/ABED AL HASHLAMOUN

Jerusalem – Steinewerfern droht in Israel künftig eine Mindeststrafe von drei Jahren ohne Bewährung. Das israelische Parlament verabschiedete in der Nacht auf Dienstag in letzter Lesung einen entsprechenden Gesetzesentwurf mit einer Mehrheit von 51 gegen 17 Stimmen, wie es auf seinem Onlineportal mitteilte.

Den Hintergrund der Strafverschärfung bilden anhaltende Unruhen in den besetzten Palästinensergebieten, darunter das annektierte Ost-Jerusalem. Fahrzeuge mit israelischen Kennzeichen werden im Westjordanland und im Ostteil Jerusalems seit einigen Monaten zunehmend mit Steinen und Felsbrocken beworfen. Täter sind zumeist jugendliche Demonstranten, teilweise auch Kinder. Andererseits bewerfen bei gewaltsamen Zusammenstößen vermehrt auch israelische Siedler palästinensische Autos oder Bauern bei der Olivenernte mit Steinen. Das neue Gesetz verfügt, dass Richter Teile der Strafe nur noch dann zur Bewährung aussetzen können, "wenn besondere Umstände vorliegen".

Zugleich ermöglicht dieses Gesetz künftig, den Eltern von Minderjährigen, die "wegen Sicherheitsdelikten und insbesondere Steinwürfen aus nationalistischen Motiven verurteilt wurden", für die Dauer ihrer Haft das Kindergeld und andere Sozialhilfen zu kürzen. Im September hatte Ministerpräsident Benjamin Netanyahu den Werfern von Steinen oder Brandflaschen "den Krieg erklärt", nachdem in Ost-Jerusalem ein 65-jähriger Autofahrer tödlich verunglückte, als er Steinwürfen ausweichen wollte und gegen einen Strommast prallte.

Radiosender in Hebron gesperrt

Die israelische Armee hat einen palästinensischen Rundfunksender in Hebron im Westjordanland geschlossen. Wie die Streitkräfte am Dienstag mitteilten, wurde der Betrieb des Senders Al Hurria eingestellt, weil dieser "Falschinformationen" verbreitet habe, die zu Gewalt aufgestachelt hätten.

Al Hurria habe vor allem zu "Messerattacken" und "Aufruhr" ermutigt und verbreitet, dass israelische Soldaten "Palästinenser hinrichten und entführen", um Gewalt zu provozieren. Die Radiostation gratuliere zudem den Familien von Attentätern, die bei ihren Anschlägen als "Märtyrer" getötet wurden. Die Truppen hätten in den Büros des 2002 gegründeten Senders Sendegeräte konfisziert, um Hetze gegen Israel zu unterbinden, teilte die Armee mit. Über die Dauer der Schließung wurden keine Angaben gemacht.

Vorübergehende Sperrungen

Gegründet wurde Al Hurria im Jahr 2002 im Gazastreifen von der Fatah-Bewegung von Präsident Mahmoud Abbas. Nach der Machtübernahme der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen wurde der Sitz des Senders nach Hebron verlegt. Bereits 2002 und 2008 wurde der Sender vorübergehend gesperrt.

Bei palästinensischen Angriffen sind seit Anfang Oktober zehn Israelis getötet worden. In dem Zeitraum kamen 74 Palästinenser ums Leben, darunter ein arabischer Israeli; bei mehr als der Hälfte von ihnen handelte es sich um erwiesene oder mutmaßliche Attentäter, die bei ihren Anschlägen von israelischen Sicherheitskräften oder Zivilisten erschossen wurden. Die anderen starben bei Unruhen im Westjordanland oder bei Zusammenstößen mit dem israelischen Militär am Grenzzaun zum Gazastreifen.

Als Auslöser der neuen Gewalteskalation gelten der Streit um die Besuchs- und Gebetsrechte auf dem Tempelberg in Jerusalem, der Muslimen und Juden heilig ist, sowie Frustration über die andauernde israelische Besatzung. (APA, 3.11.2015)