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Nationalratspräsidentin Doris Bures fordert von FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian Strache "klare und unmissverständliche Konsequenzen" und schaltet die Staatsanwaltschaft ein.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Wien – Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) hat die Parlamentsdirektion am Montag damit beauftragt, die Postings auf der Facebook-Seite der FPÖ-Abgeordneten Susanne Winter der Staatsanwaltschaft mit dem Ersuchen um weitere strafrechtliche Prüfung zu übermitteln. Das teilte die Parlamentsdirektion in einer Aussendung mit.

"Antisemitismus hat im österreichischen Parlament keinen Platz. Gerade vor dem Hintergrund der österreichischen Geschichte sind wir gefordert, antisemitischer Hetze, wie sie in den Postings klar zutage tritt, mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten", so Bures.

Außerdem fordert Bures FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian Strache auf, seiner Verantwortung für das politische Handeln seiner Abgeordneten nachzukommen. Bures fordert daher "klare und unmissverständliche Konsequenzen" von Strache.

Hofer: "Schaden wird angerichtet"

Der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ) reagiert im STANDARD-Gespräch auf die Causa Winter mit Kritik an der umstrittenen FPÖ-Abgeordneten: "Mit diesen Aussagen habe ich keine Freude", sagt er, und: "Damit wird ein Schaden angerichtet, der nicht wiedergutzumachen ist."

Am Wochenende hatte Winter mit einem bejahenden Kommentar zu antisemitischen Äußerungen auf Facebook für Aufregung gesorgt. Hofer verweist in diesem Zusammenhang auf sein eigenes Engagement, Kontakte zur jüdischen Community zu pflegen – etwa dass die verfallene Synagoge im burgenländischen Kobersdorf saniert wird. "Deswegen bin ich sauer", sagt Hofer.

Der Dritte Nationalratspräsident drängt deswegen auf "eine rasche Entscheidung" seiner Partei, welche Konsequenzen Winter ziehen soll. Laut Hofer soll eine solche "bis Mitte der Woche erfolgen", bei der auch er sich "mit Sicherheit einbringen" wird.

Ob Winter auch für ihn "eine Schande für den Nationalrat" ist, wie der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, es formuliert hat? "Das ist etwas, was ich grundsätzlich nicht über einen Mandatar sagen würde."

FPÖ tagt Montag Nachmittag

Die FPÖ-Abgeordnete Susanne Winter will nach den gegen sie erhobenen Antisemitismus-Vorwürfen "die Entscheidung des FPÖ-Präsidiums abwarten". Sie werde die Entscheidung der Partei in jedem Fall akzeptieren, kündigte Winter im Gespräch mit der APA an. Egal wie die Entscheidung ausfalle, auch wenn es zu einem Parteiausschluss kommen sollte, würde sie nicht dagegen vorgehen.

Generalsekretär Herbert Kickl kündigte an, dass sich die Parteispitze noch heute Nachmittag mit der Angelegenheit befassen werde. Auch ein persönliches Gespräch mit Winter soll noch heute Nachmittag stattfinden. Eine Entscheidung obliege Parteiobmann Heinz-Christian Strache. Für den Fall, dass er einen Parteiausschluss aussprechen sollte, müssten dann noch die Parteigremien damit befasst werden, erläuterte Kickl das Prozedere. Eine Entscheidung kündigte er für "allerspätestens Mitte der Woche" an, möglicherweise auch schon früher.

Strafrechtsprofessor: Wortwahl Richtung "Antisemitischer Wiederbetätigung"

Kickl betonte, dass es jetzt einmal um die "Sichtung des Sachverhaltes" gehe. Die Parteiführung wolle sich ein einheitliches, klares Bild verschaffen, verwies Kickl auf derzeit in der Öffentlichkeit vorliegende, unterschiedliche Darstellungen. Die Messlatte sei aber, dass es in der FPÖ keinen Platz für Antisemitismus gebe, bekräftigte der Generalsekretär.

Es sei "grenzwertig", ob das Posting strafrechtlich relevant ist, erklärt Strafrechtsprofessor Helmut Fuchs im STANDARD-Gespräch. Im kurzen Posting, dem Winter zustimmt, werde viermal das Wort zionistisch verwendet, das sei "eindeutig ein antisemistisches Signal". Das Gleiche gelte für den Satz "Die Geld-Juden weltweit sind das Problem". Den Tatbestand der Verhetzung sieht Fuchs eher nicht erfüllt, weil weder ein Gewaltaufruf noch eine Beleidigung oder Hetze enthalten seien. Doch die Wortwahl gehe deutlich in die Richtung "nationalsozialistischer Wiederbetätigung", dieser Strafbestand im Verbotsgesetz sei zu prüfen, sagt Fuchs.

Winter: Die Anzeige tut mir weh

"Ich wollte der Partei nicht schaden, ich wollte niemandem schaden", versicherte Winter. Ob sie selbst zu einer Sitzung des Parteipräsidiums eingeladen wird, konnte sie noch nicht sagen. Mitglied in dem Gremium ist sie jedenfalls nicht.

Die von Bures angekündigte Einschaltung der Staatsanwaltschaft überrascht Winter nicht. Sie sei überzeugt gewesen, dass ein solcher Schritt kommen werde – ob von Bures oder von sonst jemandem. Die FPÖ-Abgeordnete zeigt sich davon aber betroffen: "Die Anzeige tut mir weh". Sie bekräftigte, dass Antisemitismus nie in ihrem Gedankengut gewesen sei und auch jetzt nicht sei.

Winter stellt Rückzug in den Raum

Winter selbst hatte am Montag ihren Rückzug in den Raum gestellt. Auf ihrer Facebook-Seite begründete sie entsprechende Überlegungen mit dem auf sie ausgeübten Druck, nachdem ihr vorgeworfen worden war, antisemitische Äußerungen auf ihrer Seite gutgeheißen zu haben.

Winter hatte mit ihrem Kommentar auf ihrem Facebook-Account den antisemitischen Tiraden eines anderen Users beigepflichtet: Er nehme ihr "die Worte aus dem Mund" – DER STANDARD berichtete.

Steinacker: Winter hat in Freundschaftsgruppe "Österreich – Israel" nichts verloren

Susanne Winter ist Mitglied der parlamentarischen Freundschaftsgruppe "Österreich – Israel". Nun wird ihr Rückzug aus ebendieser gefordert. "Nach ihren antisemitischen Äußerungen hat FPÖ-Abgeordnete Susanne Winter in der bilateralen parlamentarischen Gruppe Österreich – Israel längst nichts mehr verloren", sagt die Vorsitzende dieser parlamentarischen Freundschaftsgruppe, Michaela Steinacker (ÖVP), und fordert die FPÖ-Abgeordnete auf, sich aus diesem Gremium schnellstmöglich zurückzuziehen. (Katrin Burgstaller, Nina Weißensteiner, apa, 2.11.2015)