Ilse Aichinger 2002 bei einem Interview im Café Central

Foto: Newald

Salzburg – Der mit 15.000 Euro dotierte Große Kunstpreis des Landes Salzburg 2015 geht an die österreichische Schriftstellerin Ilse Aichinger. Der Anerkennungspreis für das literarische Gesamtwerk eines Autors mit besonderem Salzburg-Bezug wird im Drei-Jahres-Rhythmus abwechselnd für bildende Kunst, Musik und Literatur vergeben, und zwar heuer am 9. Dezember, teilte das Land Salzburg am Freitag mit.

Ilse Aichinger, die von 1963 bis 1984 in Großgmain bei Salzburg gelebt hat, ist nach Gerhard Amanshauser, Walter Kappacher, Karl-Markus Gauß und Peter Handke die fünfte ausgezeichnete Literatin. Den Preis wird Ilse Aichingers Tochter, Mirjam Eich, stellvertretend für ihre Mutter entgegennehmen, da dies der 94-Jährigen aus gesundheitlichen Gründen selber nicht möglich ist.

Schmales, aber gewaltiges Gesamtwerk

Die unabhängige Jury – Petra-Maria Dallinger (Direktorin Adalbert-Stifter-Institut), Tomas Friedmann (Leiter Literaturhaus Salzburg) und Günther Stocker (Institut für Germanistik, Universität Wien) – begründete ihre Wahl folgendermaßen: "Die Bedeutung von Ilse Aichinger ist in der deutschsprachigen Literatur unbestritten. Ihr zeitloses, von allen literarischen Moden unbeeindrucktes Gesamtwerk mag schmal sein – und doch ist es gewaltig." Bereits 1945 verfasste sie einen Text, in dem das Wort Konzentrationslager fällt – zum ersten Mal in der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur. Mit ihrem Essay "Aufruf zum Misstrauen" wandte sie sich ein Jahr später gegen Geschichtsverdrängung und appellierte an kritische Selbstanalyse.

"Ihr einziger, autobiografischer Roman 'Die größere Hoffnung' (1948) bildete einen Meilenstein in der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur", so die Jury. "Für ihr präzis-poetisches Schreiben, ihr radikal-zeitloses stilbildendes Gesamtwerk und für ihre kritisch-humane Haltung soll die Dichterin Ilse Aichinger mit dem Großen Kunstpreis des Landes Salzburg 2015 ausgezeichnet werden." (APA, 1. 11. 2015)