Auf seiner Jagd nach dem Oberschurken Oberhauser (Christoph Waltz) macht James Bond (Daniel Craig) auch in Österreich Station: Der Brite Sam Mendes hat "Spectre" inszeniert.

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Wien – "Cuckoo!" Ein echter Bösewicht benötigt nicht viele Worte. Zumal dann, wenn er von Christoph Waltz verkörpert wird, der sich jede Silbe gerne auf der Zunge zergehen lässt. In Spectre, dem 24. Auftrag von 007, tritt Bonds Gegenspieler jedoch lange nicht aus dem Schatten heraus. Selbst bei seinem ersten Auftritt, einer Art Generalversammlung aller Fieslinge der Welt, bleibt sein Gesicht länger im Dunkeln. Doch dann wendet er sich direkt an den Eindringling Bond, James Bond, und wir wissen: Die Sache ist wieder einmal recht persönlich.

Das war freilich schon in Skyfall so, wo die klassische Geheimagentenserie mit der Tiefenpsychologie eines Comic-Blockbusters kurzgeschlossen wurde. Spectre greift zwar etliche Fäden aus Vorgängerfilmen wieder auf – immer noch steht der MI6 unter Beschuss -, beschreitet jedoch insgesamt sicherere Pfade. Nach einem fulminanten Beginn in Mexiko-Stadt, der mit einer Plansequenz einsetzt und schließlich einen Helikopter gefährlich über ein Statistenheer kreisen lässt, schaltet der Film ein paar Gänge zurück. Bond macht sich im Alleingang auf die Suche nach dem Kopf eines Verbrecherkartells, von dem er selbst zunächst nicht einmal den Namen weiß. Eine Recherche beginnt, die ihn nach traditionellem Muster an internationale Schauplätze wie Rom, Tanger oder ins Salzkammergut sowie in die Arme manch einer Schönheit (Monica Bellucci) führt.

Bond gleiche einem Drachen in einem Wirbelsturm, gibt ihm dann einer seiner Informanten in Altaussee mit auf den Weg. Der Mann weiß, wovon er spricht, denn der Agent wird uns wie schon in Skyfall als starrköpfiges Überbleibsel einer angeschlagenen Zunft vorgeführt. Während sich globalisierte Verbrecher längst viral organisieren und selbst der MI6 einem NSA-ähnlichen Überwachungsnetz weichen soll, muss Bond immer noch gegen physische Widerstände und wachsendes Misstrauen ankämpfen. Daniel Craig hat sich diese Rolle mittlerweile auf sehr zwingende Weise einverleibt, da mag der Schauspieler in Interviews noch so sehr Müdigkeit vortäuschen: Er steht sicher auf dem schwankenden Boden einer verworrenen Welt.

Sam Mendes' Regie und dem gleich von mehreren Autoren betreuten Drehbuch gelingt es jedoch weniger überzeugend, diese Kollision von Cyberwar und altmodischen (wenngleich filmisch ergiebigeren) Verfolgungsjagden unter einen Hut zu bringen. Klassische Bond-Wundertüte und zeitgenössischer Thriller zugleich zu sein erweist sich als knifflig. Der britische Regisseur nimmt den Ausweg gerne über szenische Kompositionen, die den Raum wie ein Bühnenbild bespielen – das ist zwar hübsch anzusehen, wirkt aber auch etwas hohl und leblos.

Die besseren Szenen sind wie Reminiszenzen an eine vergangene mondäne Ära inszeniert. Einmal bewegt sich Bond, inzwischen in Begleitung von Madeleine Swann (Léa Seydoux) – der Frau, die er zu beschützen geschworen hat -, mit dem Zug durch die Wüste. Man speist in weißem Smoking und Abendkleid, prügelt sich wie Jackie Chan mit einem Schurken durch die Waggons, und wenn Madeleine schließlich fragt: "Was machen wir jetzt?", dann weiß man schon, was als Nächstes kommt.

Waltz lässt auf sich warten

Das ist James Bond in reinster Form, ein Potpourri aus nostalgischen und zeitgenössischeren Tönen, das sich selbst nicht zu ernst nimmt. Doch zwischen den Einzelteilen wirkt Spectre insgesamt weniger gut geölt, verliert sich gar ein wenig im Müßiggang von Tanger. Es braucht den Besuch einer Maus, um 007 wieder auf neue Ideen zu bringen.

Auch auf Waltz' zweiten Auftritt muss man viel zu lange warten, und wenn er einmal zurück ist, hat er so viel aufzuholen, dass Sätze wie "I am the author of all your pain" zu aufgepumpt wirken, um wirklich zu verstören. Vielleicht liegt darin das Grundproblem dieses Films: James Bond hat inzwischen viele Gegenspieler, doch es waren stets Einzelfiguren wie Goldfinger, durch die man die jeweiligen Filme auseinanderhalten konnte. (Dominik Kamalzadeh, 30.10.2015)