Im Zentrum der Aufmerksamkeit: Jeb Bush (li.) und Marco Rubio.

Jeb Bush dürfte lange geübt haben für diesen Moment. Er steckt in Schwierigkeiten. Seine Anhänger murren, weil er schon jetzt, zwölf Monate vor der Wahl, müde wirkt. Die Spenden fließen spärlicher. Nur 13 Millionen Dollar konnte er im dritten Quartal einsammeln, sieben Millionen weniger als Ben Carson, ein Neurochirurg, der die evangelikale Rechte für sich zu gewinnen scheint.

Also nahm er einen Rivalen ins Visier, mit dem ihn einmal eine enge politische Freundschaft verband, einen Gegner, der ihm zusehends das Wasser abgräbt. Marco Rubio, den 44-jährigen Senator, der damit wirbt, dass er die Zukunft verkörpere. Bush attackiert ihn mit den Worten, dass er der Kampagne wegen zu viele Sitzungen, zu viele Abstimmungen im Senat verpasse und seine Wähler in Florida schnöde im Stich lasse. "Marco, dieses Amt ist auf sechs Jahre ausgelegt. Du solltest zur Arbeit gehen oder deinen Posten hergeben." Ein Senator, versucht er es mit Ironie, habe ja wohl keine französische Arbeitswoche, bei der es genüge, an drei Tagen pro Woche ins Büro zu kommen.

Rubio kontert so souverän, als habe er nur gewartet auf diesen Moment. Er höre, dass Jeb sich an John McCain orientieren wolle, und der habe ja wohl auch etliche Senatsabstimmungen verpasst, als er sich 2008 um die Präsidentschaft bewarb. "Ich kann mich nicht erinnern, dass du dich jemals über McCain beschwert hättest. Und der einzige Grund, warum du dich über mich beschwerst, ist, dass dich irgendwer davon überzeugt hat, dass es dir hilft, wenn du mich angreifst."

Den Rest der Debatte verfolgt Bush in der Rolle eines besseren Statisten, während Rubio zu Hochform aufläuft. Die Frage, ob man einem wie ihm, dessen Haus zwangsversteigert werden musste und der seine Finanzen offenbar nicht im Griff habe, das höchste Staatsamt einer 17-Billionen-Dollar-Volkswirtschaft anvertrauen könne, pariert er mit einem Hinweis auf die einfachen Verhältnisse, aus denen er stammt.

Favorit unter den Profis

Mit jedem Wortstreit scheint der Jüngere den Älteren gründlicher in die Schranken zu weisen. Bush sieht man an, dass er sich lieber in Akten vertiefen würde. Dabei hatte er, von 1999 bis 2007 Gouverneur Floridas, die Karriere des aufstrebenden Rubio einst gefördert. Lange hatten es die beiden vermieden, einander zu attackieren. Nun hat der Jüngere das erste harte Duell für sich entschieden. Das wirft die Frage auf, ob er fortan den Part spielt, der Bush zugedacht war: Favorit unter den Berufspolitikern, die Trump und Carson Paroli bieten sollen. (Frank Herrmann aus Washington, 29.10.2015)