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Auf den Volkswagen-Konzern rollt eine Beschwerdewelle zu. Konsumentenschützer hoffen auf eine gesamteuropäische Einigung.

Foto: EPA/Julian Stratenschulte

Wien – Mehr als 33.000 Volkswagen-Kunden haben sich in Österreich bisher für ein Sammelverfahren angemeldet, mit dem der Verein für Konsumenteninformation (VKI) in den Niederlanden vor Gericht ziehen will. Das ist fast jeder zehnte hierzulande vom VW-Abgasskandal betroffene Fahrzeughalter. Die Konsumentenschützer streben keine Sammelklage an, sondern einen Generalvergleich mit dem Autokonzern.

Der Umweg über die Niederlande ist notwendig, weil dort im Unterschied zu Österreich die rechtlichen Möglichkeiten für ein gesammeltes Vorgehen bestehen. Hierzulande hegt das Justizministerium seit Jahren Pläne für eine Gruppenklage, umgesetzt wurden sie jedoch nie.

Gesamteuropäische Lösung angestrebt

Zuständig für die gegründete gemeinnützige Stiftung ("Stichting Volkswagen Car Claim") ist ein Gericht in Amsterdam. Laut Rechtsanwalt Eric Breiteneder, der den VKI in der Angelegenheit vertritt, soll ein Lösungsmodell für alle in Europa betroffenen Fahrzeughalter gefunden werden. Das sei auch eine Chance für VW, schließlich könne sich das Unternehmen langwierige Einzelverfahren ersparen.

Weiterhin können sich Betroffene für das Sammelverfahren eintragen. VW-Kunden, die sich daran beteiligen, tragen kein Prozessrisiko. Die Verfahrenskosten könnten im Fall einer Einzelklage in die Tausende gehen, so Breiteneder. Wer als Fahrzeughalter sichergehen will, zu seinem Recht zu kommen, könne zwar auch selbst klagen, das Vorgehen in der Gruppe sei aber erfolgversprechender.

Unklarheit über möglichen Schaden

Ob ein tatsächlicher Schaden für Fahrzeughalter eingetreten ist und, wenn ja, in welcher Höhe, darüber lässt sich laut Breiteneder derzeit nur spekulieren. Eine etwaige Wertminderung der Fahrzeuge werde erst ein gerichtlicher Sachverständiger im Lauf des Verfahrens klären können. Im Unterschied zu heimischen Autofahrerklubs und dem deutschen Kraftfahrtbundesamt geht der VKI aber davon aus, dass sehr wohl ein Schaden vorliegt.

Auch wenn im Fall einer vom Autokonzern angekündigten Rückholaktion technische Mängel beseitigt werden, sei ein Fahrzeug mit den vom Manipulationsskandal betroffenen Motoren weniger wert – etwa bei einem Weiterverkauf. Auch falls es wegen eines höheren Abgas-Ausstoßes – der tatsächliche Spritverbrauch vieler Autos ist laut Tests deutlich höher – zu Nachzahlungen bei der Normverbrauchsabgabe kommen sollte, gebe es gegenüber VW einen Regressanspruch.

Erstziel Verjährungsverzicht

Spätestens in zwei Wochen soll das Verfahren offiziell mit einem sogenannten "Claim Letter" an VW eröffnet werden. Darin sind die Forderungen der Konsumentenschützer angeführt. Primäres Ziel ist, vom Konzern einen Verjährungsverzicht für Garantieansprüche zu erwirken.

Was die Kosten der Stiftung betrifft, wird diese versuchen, sie VW umzuhängen. Falls sich Volkswagen dagegen verwehrt, müssen die Kunden am Ende rund 20 Prozent der erstrittenen Vergleichssumme an einen Prozessfinanzierer abtreten. Generell gehe es nicht darum, eine Strafe zu erwirken oder dem Unternehmen anderweitig zu schaden.

Allein in Österreich sind rund 363.000 Fahrzeuge von den Abgasmanipulationen betroffenen. Einzelklagen sind hierzulande laut den zuständigen Gerichten bisher nicht eingegangen. (Simon Moser, 29.10.2015)