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Weltweit finden Demonstrationen für die Freilassung des Bloggers Raif Badawi statt – hier in der kanadischen Hauptstadt Ottawa. Teilgenommen hat auch seine Frau, Ensaf Haidar (Mitte).

Foto: REUTERS/Chris Wattie

Straßburg – Für seinen Einsatz für Meinungsfreiheit und Toleranz ist der inhaftierte saudi-arabische Blogger Raif Badawi am Donnerstag mit dem diesjährigen Sacharow-Preis des Europaparlaments ausgezeichnet worden. Damit werde ein "außergewöhnlich mutiger und vorbildlicher Mann" gewürdigt, betonte Parlamentspräsident Martin Schulz in Straßburg.

Zugleich forderte er den saudi-arabischen König auf, den wegen regierungskritischer Äußerungen auf seinem Blog zu zehn Jahren Haft und tausend Peitschenhieben verurteilten 31-Jährigen "unverzüglich, noch heute" freizulassen. Badawi müsse die Gelegenheit erhalten, seine in Kanada lebende Familie wiederzusehen und zu der im Dezember in Straßburg geplanten Preisverleihung zu kommen, sagte Schulz unter tobendem Applaus der Abgeordneten. Die Beziehungen der EU zu ihren Partnern hingen auch von der Einhaltung der Menschenrechte ab. In Saudi-Arabien würden diese Rechte "mit Füßen getreten".

Gegen den Blogger sei eine der "grausamsten Strafen" verhängt worden, die einer "permanenten Folter" gleichkomme, sagte Schulz weiter. Für viele sei er "ein Held geworden", weil er sich in der digitalen Welt für die Grundrechte einsetze.

Badawis Ehefrau hofft auf positives Signal

Badawis Ehefrau, Ensaf Haidar, die mit ihren Kindern in Kanada lebt, sprach die Hoffnung aus, dass der Preis ein positives Signal für die Freilassung ihres Ehemannes aussenden würde. "Ich hoffe, der Preis wird ihn aufheitern. Als ich vor sechs Tagen mit ihm telefonierte, war er in keiner besonders guten Verfassung".

Badawi war wegen regierungskritischer Äußerungen in seinem Blog 2012 inhaftiert worden, 2014 wurde er zu zehn Jahren Haft, 1.000 Peitschenhieben, einem Ausreiseverbot und einer hohen Geldstrafe verurteilt, weil er in dem Blog den Islam beleidigt haben soll. Im Jänner erhielt er 50 Peitschenhiebe. Nach internationalem Protest wurde die Bestrafung ausgesetzt, für Freitag ist aber eine neuerliche Auspeitschung angesetzt.

Auch Weidenholzer fordert umgehende Freilassung

Grüne und Sozialdemokraten begrüßten am Donnerstag die Entscheidung des EU-Parlaments. Damit zeige das EU-Parlament, dass "es im Einsatz für Menschenrechte zu keinen faulen Kompromissen bereit" sei, so die Vizepräsidentin des EU-Parlaments und Grüne Delegationsleiterin Ulrike Lunacek in einer Aussendung. Auch Grünen-Chefin Eva Glawischnig gratulierte Badawi zur Anerkennung "für seinen grenzenlosen Einsatz für Menschenrechte und Meinungsfreiheit in Saudi Arabien". Josef Weidenholzer, Vizepräsident der sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament, fordert "den saudi-arabischen König auf, Raif Badawi zu begnadigen und ihn umgehend frei zu lassen".

Für den diesjährigen Sacharow-Preis waren außerdem der im Februar ermordete russische Oppositionspolitiker Boris Nemzow sowie die demokratische Opposition in Venezuela, vertreten durch die Gruppe "Mesa de la Unidad Democratica" nominiert worden. Vertreter der Menschenrechtsgruppe und eine Tochter Nemzows werden nach Angaben einer Parlamentssprecherin ebenfalls zu der Preisverleihung eingeladen. Diese ist am 16. Dezember in Straßburg geplant.

Der nach dem verstorbenen russischen Dissidenten und Physiker Andrej Sacharow benannte Preis wird vom Europaparlament seit 1988 an Persönlichkeiten oder Organisationen verliehen, die sich für Menschenrechte und Demokratie einsetzen. Im vergangenen Jahr hatte den mit 50.000 Euro dotierten Preis der Gynäkologe Denis Mukwege aus dem Kongo bekommen. Er betreut seit Jahren ärztlich Frauen, die während des Bürgerkriegs in dem afrikanischen Land Opfer von Gruppenvergewaltigungen wurden. (APA, 29.10.2015)