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Eine unversehrte Schutzhülle: Die Haut ist im Lauf eines Lebens vielen Einflüssen ausgesetzt, UV-Strahlen richten den größten Schaden an.

Foto: Corbis/Pep Karsten

STANDARD: Schwarzer Hautkrebs gilt als extrem bösartig. Welche therapeutischen Optionen gibt es?

Pehamberger: Es kommt auf das Stadium eines Melanoms an. Solange sich der Tumor an der Oberfläche befindet, kann er durch eine chirurgische Entfernung geheilt werden.

STANDARD: Bei wie vielen Patienten ist das der Fall?

Pehamberger: Bei 90 Prozent. Bei zehn Prozent der Patienten wandern die Tumorzellen in die Lymphknoten (Melanomstadium II, Anm.), von dort in andere Organe des Körpers, wo sie Metastasen (Stadium III, Anm.) bilden.

STANDARD: Welche Behandlung können Sie dann anbieten?

Pehamberger: Jahrzehntelange gab es nur die Chemotherapien, allerdings sprachen nur zehn Prozent der Patienten darauf an. Die mittlere Überlebenszeit lag bei sechs Monaten.

STANDARD: Gab es auch biomolekulare Angriffsziele direkt an den Melanomzellen?

Pehamberger: Es gibt die personalisierte Therapie in Form von Kinaseinhibitoren. Wir wissen, dass bei 50 Prozent der Melanompatienten der sogenannte BRAF-Faktor erhöht ist. BRAF ist ein Molekül, das bei der Zellvermehrung eine wichtige Rolle spielt. Bei Melanompatienten mit einem mutierten BRAF-Molekül haben wir mit den sogenannten Kinaseinhibitoren wie Vemurafenib deshalb gute Erfolge.

STANDARD: Wie stellen Sie fest, ob das der Fall ist?

Pehamberger: Für BRAF gibt es einen Test, einen sogenannten Biomarker. Wir wissen somit im Vorhinein, welche Patienten von einer Therapie profitieren. Es gibt auch noch einen zweiten Kinaseinhibitor, der sich gegen den MEK-Signalweg richtet. Diese beiden Medikamente werden meistens in Kombination verabreicht.

STANDARD: Wie bewähren sich die neuen Immuntherapien?

Pehamberger: Bei der personalisierten Therapie wird die Tumorzelle attackiert, bei der Immuntherapie wird das lahmgelegte Abwehrsystem aktiviert. Bei Melanomen funktioniert das sehr gut. Ziel der Immuntherapie ist sozusagen eine Hemmung der Hemmung. Eine Schlüsselrolle bei der Immuntherapie spielen die CTLA-4-Antikörper, die wir durch das Medikament Ipilimumab beeinflussen können. Darüber hinaus sind aber auch die PD1-Proteine (PD steht für "programmed cell death", Anm.) entscheidend, die auf Medikamente wie Nivolumab und Pembrolizumab ansprechen. Durch das Manipulieren dieser sogenannten Checkpoint-Inhibitoren im Immunsystem erzielen wir Ansprechraten von 70 Prozent.

STANDARD: 70 Prozent Heilung?

Pehamberger: Nein, bei 70 Prozent aller Patienten sehen wir eine Wirkung. Wie lange die Wirkung anhält, wissen wir noch nicht.

STANDARD: Gibt es für diese PD1-Antikörper auch einen Biomarker?

Pehamberger: Nein. Für den langfristigen Einsatz und den Erfolg dieser neuen Therapien werden Biomarker aber wichtig sein.

STANDARD: Werden durch die neuen Immuntherapien die Kinaseinhibitoren obsolet?

Pehamberger: Nein. Wir stehen mit den neuen Behandlungsansätzen erst ganz am Anfang. Es laufen derzeit viele Studien darüber, in welcher Abfolge die unterschiedlichen Medikamente verabreicht werden sollen und welche Kombinationen die besten Ergebnisse erzielen. Es ist Work in Progress.

STANDARD: Solange es noch keine Studienergebnisse gibt: Wie entscheiden Sie?

Pehamberger: Eine wesentliche Frage ist, wie hoch die Tumorlast für den Patienten ist und wie sein Allgemeinzustand ist. Bei Patienten ohne BRAF-Mutation starten wir mit der PD1-Antikörpertherapie. Für Patienten mit BRAF-Mutation sind die Kinaseinhibitoren eine zusätzliche Option.

STANDARD: Es gibt Daten, denen zufolge auch die Chemotherapie die Wirkung der Immuntherapien verstärken soll. Stimmt das?

Pehamberger: Wir arbeiten derzeit in sämtliche Richtungen, probieren auch Radiotherapie. Der Stein der Weisen ist noch nicht gefunden. Es gibt im Vergleich zu früher jedoch enorme Fortschritte. Zusätzlich erforschen wir auch die genetischen Variationen des Melanoms.

STANDARD: Welche Nebenwirkungen haben Immuntherapien?

Pehamberger: Wir haben besonders bei Ipilimumab Durchfälle, Schilddrüsenprobleme, Hautausschläge beobachtet, teilweise in lebensbedrohlichem Ausmaß. Deshalb ist es wichtig, dass solche Patienten an spezialisierten Zentren behandelt werden, dort haben wir Erfahrung mit solchen Nebenwirkungen. (Karin Pollack, 29.10.2015)