Österreich im Herbst: Flüchtlinge am Grenzübergang Spielfeld

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Versuche, sich an offenem Feuer zu wärmen, führen häufig zu gefährlichen Situationen.

Foto: AP Photo/Petr David Josek

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Die Balkanroute

Grafik: APA

Spielfeld/Ljubljana/Zagreb – Am heutigen Dienstag werden in der Steiermark rund 7.000 Flüchtlinge aus Sentilj in Slowenien erwartet, wie die Landespolizeidirektion Steiermark Dienstag früh mitteilte. Im Grenzraum Spielfeld befänden sich derzeit rund 3.400 Personen auf österreichischem Gebiet. In Bad Radkersburg gebe es im Moment keine Flüchtlinge. In der Nacht sei ein Teil der Migranten in Notquartiere in Graz-Webling gebracht worden. Zwischenfälle habe es in den Nachtstunden keine gegeben, hieß es.

Gestern bereits 7.000 Menschen

Bis 19 Uhr am Montag sind in Spielfeld in der Steiermark insgesamt 4.800 Flüchtlingen eingetroffen. Die meisten konnten in Quartiere gebracht werden, heißt es in einer Presseaussendung der steirischen Polizei. Wie die Polizei schreibt, muss aber auch damit gerechnet werden, dass manche Flüchtende, die ihnen angebotenen Schlafstellen nicht annehmen, um eine besser Warteposition für die Busse nicht zu gefährden.

In Bad Radkersburg sind im Laufe des Montags 1.900 Personen angekommen. Der Großteil konnte in Quartieren untergebracht werden. Auch bei den am Montagabend verbleibenden 500 Personen geht die Polizei davon aus, sie am Montagabend in Übernachtungsquartiere bringen zu können.

Rechte Blockade

Am Montagnachmittag blockierten laut Polizei "rund 100 Identitäre, Bürger und Geschäftsleute" die B 67 etwa 150 Meter vom Grenzübergang bei Spielfeld. "Sie haben mit einer steirischen und österreichischen Fahne Aufstellung genommen", erzählt Leo Josefus, Sprecher der Landespolizeidirektion Steiermark dem STANDARD, "sie sagen, sie seien mit der Flüchtlingspolitik und der Regierung unzufrieden"

Gegenüber der Identitären wurde eine Einheit von rund 20 Polizisten aufgestellt, "nur zur Sicherheit", sagte Josefus, "dass nix passiert, momentan passiert auch nix". Ob die Aktion angemeldet war, wisse die Polizei nicht. Wenn nicht, werde es eine Anzeige nach dem Versammlungsgesetz geben. Die Busse, die Flüchtlinge von der Grenze weg in Quartiere bringen sollen, mussten wegen der Blockade nun eine andere Route über die Autobahn nehmen.

Kärntner Quartiere ausgelastet

Auch die Transitquartiere in Kärnten waren in der Nacht auf Montag einmal mehr ausgelastet. Wie Polizeisprecher Markus Dexl sagte, übernachteten rund 1.200 Personen in Kärnten. Am Montagvormittag war der Weitertransport der Flüchtlinge bereits voll im Gange. Die Polizei erwartet für Montagabend einen weiteren Zug aus Slowenien, die rund 600 Flüchtlinge dürften dann wieder auf die beiden Transitquartiere in Villach aufgeteilt werden. In Klagenfurt steht dann die Notunterkunft bereit, um Flüchtlinge aus der Steiermark aufzunehmen.

Ruhe in Salzburg

In Salzburg war die Lage indes ruhig. Am frühen Montagvormittag befanden sich insgesamt rund 1.600 Personen in den drei Transitquartieren am Hauptbahnhof, in der ehemaligen Autobahnmeisterei und im Zollgebäude am Grenzübergang. "Die Übernahme von den deutschen Behörden ist aufrecht und läuft gut", sagte Polizeisprecherin Irene Stauffer.

Tausende in Slowenien

Im Nachbarland Slowenien reißt der starke Flüchtlingszustrom nicht ab. Nachdem am Sonntag mehr als 9.800 Flüchtlinge in das Land gekommen waren, haben sich die Ankünfte aus Kroatien in der Nacht auf Montag fortgesetzt. Fast 6.000 kamen bis zum Montagnachmittag an.

Slowenien ist seit dem 17. Oktober, als die ersten Flüchtlinge aus Kroatien ankamen, das neue Transitland auf der Balkanroute. Seither kamen bis Sonntag mehr als 72.000 Menschen in das Land mit zwei Millionen Einwohnern. Allein an diesem Wochenende wurden laut offiziellen Zahlen mehr als 19.700 Flüchtlinge gezählt.

Im Zeitraum von 20. bis 26. Oktober haben insgesamt 47.920 Flüchtlinge Slowenien über Österreich wieder verlassen, wie die offiziellen Zahlen der slowenischen Polizei zeigen. Wie viele an den drei vorherigen Tagen nach Österreich gingen, wird in der Statistik nicht angegeben.

In Kroatien, von wo die Flüchtlinge nach Slowenien gelangen, kamen am Sonntag rund 9.000 Menschen aus Serbien an. Kroatien ist bereits seit 16. September, als Ungarn seine Grenze zu Serbien dichtmachte, Transitland für die Flüchtlinge. Seither passierten fast 252.000 Menschen das Land.

Lage in Deutschland unverändert

Die Zahl der Flüchtlinge an der deutsch-österreichischen Grenze stieg indes zuletzt wieder stark an. Am Wochenende kamen nach Angaben des bayerischen Innenministeriums 15.000 Menschen über die Grenze. Nach den zusammengerechneten Zahlen von deutscher Bundes- und Landespolizei waren es 9.000 Flüchtlinge am Sonntag und 6.000 am Samstag.

In den kommenden Tagen erwarten die Fachleute des Ministeriums in München weiter "ungebremst hohen Migrationsdruck", wie ein Sprecher am Montag sagte. Die Zahlen waren in der vergangenen Woche zwischenzeitlich auf 4.000 bis 5.000 Menschen pro Tag zurückgegangen. Eine Hauptursache war, dass die slowenischen Behörden die Grenze zu Kroatien phasenweise geschlossen hatten, so dass viele Menschen zunächst auf der kroatischen Seite festsaßen.

Bei den bayerischen Behörden wächst der seit Monaten schwelende Ärger über das Verhalten Österreichs, meldet die deutsche Nachrichtenagentur dpa. Grund sei, dass die Behörden des Nachbarlands Flüchtlinge anscheinend ohne Vorwarnung an die deutsche Grenze bringen lassen. Von Sonntagabend bis in die Nacht seien allein am Grenzübergang in Achleiten rund 2.000 Flüchtlinge aufgegriffen worden, meldete die Passauer Stadtverwaltung am Montag. "Die Flüchtlinge wurden in Österreich ohne vorherige Ankündigung mit Bussen bis an die Grenze gefahren."

Eine Frau vor Lesbos gestorben

Weiter südlich sterben weiterhin regelmäßig Menschen beim Versuch, nach Europa zu gelangen: Bei der Überfahrt in einem Schlauchboot mit Dutzenden Flüchtlingen ist Montag früh vor der griechischen Insel Lesbos eine Frau ums Leben gekommen. Das Boot wurde von stürmischen Winden an eine felsige Küste gedrückt, wie die Küstenwache meldete.

Helfer konnten 41 Menschen aus den Fluten retten. Bereits am Wochenende waren bei zwei ähnlichen Unglücken vier Menschen ums Leben gekommen. Weitere acht Flüchtlinge werden noch vermisst.

Experten in Brüssel und Rom gehen indes davon aus, dass auch Italien vor einem neuen Flüchtlingszustrom via Albanien stehen könnte. Sollten die Grenzen am Balkan geschlossen werden, so könnten sich die Flüchtlingsrouten vom südlichen Mittelmeer auf Albanien verlagern, sagen Experten der Internationalen Organisation für Migration (IOM).

Geld für Griechenland

Die EU-Kommission unterstützt Griechenland indessen mit zusätzlichen 5,9 Millionen Euro Flüchtlingshilfe. Das Geld soll dem Land dabei helfen, die große Zahl der ankommenden Flüchtlinge auf den griechischen Inseln in der Ostägäis zu versorgen. Griechenland könne damit die geplanten Aufnahmezentren (Hotspots) einrichten.

Die Summe solle auch die Kosten für den Transport von mindestens 60.000 Asylbewerbern zum griechischen Festland in einem Zeitraum von vier Monaten decken, teilte die EU-Kommission am Montag in Brüssel mit. Die Unterstützung sei strikt auf Personen begrenzt, die per Fingerabdruck registriert seien. (APA, red, cms, 26.10.2015)