In Österreich erkranken jedes Jahr zwischen 600 und 700 Menschen an einem Speiseröhrenkrebs. In Deutschland sind es etwa zehnmal so viele. "Bei der Mehrheit handelt es sich um Plattenepithelkarzinome, die im oberen Abschnitt der Speiseröhre auftreten", sagt Frederik Wenz, Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Mannheim. Daneben gibt es noch Adenokarzinomen – im unteren Abschnitt der Speiseröhre, am Übergang zum Magen. "Diese Tumore können Spätfolge eines jahrelangen Sodbrennens sein und sind in den letzten Jahren deutlich häufiger geworden", ergänzt der Mediziner.

Da die Speiseröhre sehr dehnbar ist, kann sich ein Ösophaguskarzinom lange unbemerkt vergrößern, bevor erste Beschwerden auftreten. Zu möglichen Symptomen zählen Schluckstörungen, Schmerzen beim Schlucken oder das Gefühl einen "Kloß im Hals" zu haben. Häufig ist der Speiseröhrenkrebs zu diesem Zeitpunkt aber schon weit fortgeschritten. "Die meisten Patienten befinden sich bei der Diagnose in einem Stadium, in dem eine sichere Heilung nicht mehr möglich ist. Bei diesen Patienten hat der Krebs bereits Lymphknoten in der Nähe der Speiseröhre befallen. Eine komplette Entfernung des Tumors mit einer Operation ist dann sehr schwierig", so Professor Wenz.

Nicht für alle Patienten

Ein Langzeitstudie der niederländischen Krebsgesellschaft ging nun der Frage nach, ob eine Vorbehandlung mit Krebsmedikamenten, sogenannte Zytostatika, in Kombination mit einer Bestrahlung die Tumormasse soweit verkleinern kann, dass eine vollständige Entfernung des Tumors möglich wird.

Das Ergebnis Die Wahrscheinlichkeit, dass nach der Operation keine Krebszellen mehr zurückbleiben, stieg mit dieser neoadjuvanten Radiochemotherapie von 69 auf 92 Prozent. Sieben Jahre nach der Operation waren von 178 Patienten, die diese Therapie erhalten hatten, noch 69 (39 Prozent) am Leben. Nach einer Operation ohne Vorbehandlung waren es 47 von 188 Patienten (25 Prozent). Ein weiteres Ergebnis: Die neoadjuvante Radiochemotherapie erhöhte die Überlebenszeit der Patienten im Mittel von 24,0 auf 48,6 Monate. Beim Plattenepithelkarzinom stieg sie von 21,1 auf 81,6 Monate, beim Adenokarzinom von 27,1 auf 43,2 Monate.

Das Problem: Die Kombination aus Bestrahlung und Medikamenten mit einer anschließenden Operation ist für die Patienten äußerst strapaziös: "Die Behandlung kommt nur für Patienten infrage, die körperlich belastbar sind und aufgrund ihres Krebsleidens nicht stark an Körpergewicht verloren haben", sagt Heinz Schmidberger, Direktor der Klinik und Poliklinik für Radioonkologie und Strahlentherapie der Med-Uni Mainz. (red, 22.10.2015)