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So ähnlich könnte es bald auch auf österreichischen Straßenabschnitten aussehen, denkt man sich die Palmen und die Golden-Gate-Brücke in San Francisco weg und automatisiertes Autofahren dazu.

Foto: Reuters/Lahm

Wien – Was sich wie die Geschichte eines Start-ups aus Kalifornien liest, ist tatsächlich in Wien entstanden und wird weiter von der Schönbrunner Straße im vierten Bezirk aus betrieben: Die auf ausfallsichere Steuerungssysteme spezialisierte TTTech Computertechnik AG macht Druck, auf dass bald auch in Österreich eine Teststrecke für automatisiertes Autofahren freigegeben wird.

"Wir wünschen uns einen Korridor von Süddeutschland bis Wien", sagt TTTech-Mitgründer und -Vorstand Georg Kopetz dem STANDARD. Süddeutschland deshalb, weil dort Kunden und Kooperationspartner von TTTech wie Audi sitzen. Zudem gibt es zwischen München und Nürnberg bereits einen Autobahnabschnitt, auf dem getestet werden darf.

Infrastrukturminister Alois Stöger (SP) hat bei den Technologiegesprächen in Alpbach Teststrecken für 2016 angekündigt. Nun soll es Schlag auf Schlag gehen. Am Mittwoch nächster Woche findet ein runder Tisch mit Vertretern der Industrie und anderer Interessengruppen statt, im ersten Halbjahr 2016 soll dann feststehen, auf welchen Strecken autonomes Fahren möglich wird, heißt es im Büro von Minister Stöger.

Verordnung notwendig

Notwendig ist jedenfalls eine Verordnung, durch die autonomes Fahren straffrei gestellt wird. Die Straßenverkehrsordnung schreibt nämlich vor, dass sich immer eine Hand am Steuer des fahrenden Autos befinden muss.

Für TTTech ist der Bereich Automotive nur eines von mehreren Geschäftsfeldern, mit einem Anteil von rund 50 Prozent an der Betriebsleistung von heuer voraussichtlich 65 (2014: 52) Millionen Euro aber nach wie vor das wichtigste. Rund 20 Prozent erwirtschaftet das zur Jahreswende 1997/98 mit sieben Mitarbeitern gestartete und inzwischen auf 450 Beschäftigte gewachsene Unternehmen im Bereich Luftfahrt. Dort ist TTTech mit Kommunikations-, Kabinendruck- und Flugsteuerungssystemen etwa im Airbus A380, bei der Boeing 787 und bei Privatjets von Embraer vertreten. Bei einer Kapitalerhöhung um 50 Millionen Euro sind im Frühjahr zusätzlich zu Audi General Electric (GE Venture) und Infineon als strategische Investoren dazugestoßen. Zusammen halten sie etwa 37 Prozent. Rund 30 Prozent entfallen auf langfristige Finanzinvestoren, der Rest auf die Gründer und rund 80 Mitarbeiter.

Gut 300 der 450 Mitarbeiter sind in Wien beschäftigt. "Das war uns immer wichtig, auch wenn mein Gründungspartner und Vorstandskollege Stefan Poledna und ich von Beginn an den Weltmarkt im Auge hatten", sagt Kopetz.

Neben Österreich ist TTTech in knapp einem Dutzend Länder vertreten. Durch die im Mai erfolgte Beteiligung an einem Unternehmen in Serbien können die Wiener einerseits gut ausgebildete und vergleichsweise günstige Arbeitskräfte nutzen, andererseits hat TTTech aber auch einen Fuß im Silicon Valley. "Damit wir nicht verpassen, was dort passiert", wie Kopetz sagt.

Steuerung für Raumkapsel

Ein Durchbruch besonderer Art ist TTTech in den USA geglückt: Für die Orion-Raumkapsel der Nasa, die dereinst Menschen zum Mars bringen soll, haben die Wiener Teile des Kommunikationssystems an Bord geliefert.

"Europa steht bei der digitalen Industrialisierung in der ersten Reihe; noch ist aber nicht entschieden, ob losgestürmt wird. Was fehlt, ist Mut", sagt Kopetz. Das sei schade, denn die Digitalisierung werde früher oder später alle Lebensbereiche durchdringen. Wer nicht von Anfang an dabei sei, vergebe die beste Chance.

Am Freitag will TTTech beim "Deterministic Ethernet Forum" in Schönbrunn einen neuen Anlauf für einen globalen Industriestandard wagen. Mehr als 50 Unternehmen haben sich angesagt, der Großteil aus den USA. (Günther Strobl, 21.10.2015)