Menschen werden künftig mehr denn je mit Robotern zusammenarbeiten. Experten zufolge sprechen Unternehmen zu wenig über die Gestaltung des Arbeitsplatzes. Ohne Menschen könne man im besten Zukunftskonzept nicht auskommen.

Illustration: Fatih Aydogdu

Salzburg/Wien – Besucher der Stadt Shenzhen im Südosten Chinas wählen mitunter recht starke Metaphern, um die 13-Millionen-Metropole in ihren Besonderheiten kurz und bündig zu beschreiben. "Es ist so, als würde man sich durch einen einzigen riesigen Hightech-Store bewegen", sagt zum Beispiel Silvia Lindtner von der School of Information der University of Michigan.

Was sie damit meint? In Shenzhen ist Technologie wirklich allgegenwärtig. Die Stadt ist nicht nur der Sitz von chinesischen Unternehmen wie dem Smartphoneproduzenten Gionee, dem Batterienhersteller BYD oder von Foxconn, dem bekannten Hightech-Zulieferer für Apple und andere Großunternehmen. Hier bekommt auch im Alltag jeder Bürger mit, was ein von Technologien mitbestimmtes Leben künftig bedeuten kann – bis hin zum Pengheng Space Capsules Hotel, einem Hotel, in dem Roboter als Kellner, an der Rezeption und als Portier beschäftigt sind und die Gäste bedienen und bewirten, scheint vieles möglich zu sein.

Shenzhen gilt unter Experten als eine Art Future City Lab. Die entscheidende Frage: Können alle Menschen das so akzeptieren wie die technologieverrückten Einwohner der chinesischen Metropole? Ist ein Roboter nicht trotz aller Freude über die Erleichterung im Job auch eine Maschine, die Menschen aus ihren Berufen verdrängen kann?

Einige Herausforderungen

Während der kürzlich an der Universität Salzburg abgehaltenen Tagung "Rethinking Technology Innovation" wurde über all diese Fragen diskutiert. Manfred Tscheligi, in der Mozartstadt Professor für Human Computer Interaction und Organisator des Symposions, bemüht sich im Gespräch mit dem STANDARD um eine realitätsnahe Sicht der Dinge: Natürlich könne es durch den Einsatz von intelligenten Maschinen im Dienstleistungsbereich und in Fertigungsprozessen zu Personalabbau kommen. Die Qualifizierung von Menschen, die mit diesen Robotern arbeiten und sie bedienen müssen, sei deshalb eine große Herausforderung für den Arbeitsmarkt der Zukunft.

Viele Unternehmen hätten aber noch gar keine Ahnung, wie sie an das Thema "proaktiv" herangehen und die Maschinen mit den Menschen in Synergie bringen könnten. Es sei deshalb nicht erstaunlich, wenn in einer ersten emotionalen Reaktion Menschen Maschinen ganz bewusst falsch bedienen, um nicht von ihnen ausgebremst und ersetzt zu werden. Tscheligi: "Solche Fälle hat es schon mehrfach gegeben."

Man müsse daher den Arbeitsplatz der Zukunft nach den Wünschen des Mitarbeiters gestalten. Tscheligi, der auch das Christian-Doppler-Labor "Contextual Interfaces" an der Uni Salzburg leitet, glaubt, dass man die Akzeptanz der smarten Maschinen durch eine persönliche Interaktion mit ihnen erhöhen könnte.

Er hätte dafür schon einige konkrete Ideen: "Warum sollte der Roboter den Mitarbeiter nicht loben können? Warum sollte die Maschine vom Menschen nicht optisch gestaltet und sogar bemalt werden?" Tscheligi glaubt, dass die Ästhetik ein zentraler Faktor für die Akzeptanz von Technologien ist. Brauchen wir also Roboter mit einem Lächeln? "Diejenigen, die ein freundliches Erscheinungsbild haben, sprechen uns natürlich mehr an als graue Blechkisten."

Seit gut zwei Jahren spricht die österreichische Wirtschaft gern von Industrie 4.0. Das Schlagwort wurde unter anderem vom Verkehrsministerium aufs Tapet gebracht. Gemeint ist die vierte industrielle Revolution: Nach der Mechanisierung, der Elektrifizierung und der Automatisierung kommt es zur Vernetzung in der Fabrik. Dabei spielt künstliche Intelligenz in jeder Form, also auch Robotik, eine große Rolle. "Bisher haben Unternehmen hauptsächlich von technischen Möglichkeiten gesprochen und zu wenig über die Gestaltung des Arbeitsplatzes und darüber, wie er sich ändern wird", wiederholt Tscheligi seine Kritik. Ohne Menschen könne man im besten Zukunftskonzept nicht auskommen. Eine Meinung, die auch Suzanne L. Thomas von den Intel Labs in Salzburg vertritt. Sie beschäftigt sich im Innovationsbereich wie Tscheligi mit den Erfahrungen des Users im Umgang mit Technologien. Und sagt: "Menschen werden immer neue Technologien entwickeln, die die Arbeitspraxis ändern, man muss aber auch den Arbeitsalltag ändern, um die Technologien für uns nutzbar zu machen." Eine Philosophie, die Experten wie Thomas schon seit einigen Jahren vertreten. Auf ein breites Verständnis in der Industrie wird man noch warten müssen. (Peter Illetschko, 22.10.2015)