Zwei allein im verwirrenden Wald: Robert Redford und Nick Nolte.

Foto: Thimfilm

Wien – Dieser Film erzählt davon, was man anderen Menschen zutraut. Und was man sich selbst zutraut. Einem anderen traut man Dinge zu, von denen man sich erwartet, dass er sie schafft. Sich selbst traut man Dinge zu, die man als Herausforderung ansieht. Bill ist alt und hat das Problem, dass ihm die anderen ebenso wenig zutrauen wie er sich selbst. Zu Beginn des Films sitzt er in einem Fernsehstudio und soll die Fragen eines Showmasters über seine Reisebücher beantworten. Doch selbst wenn er zu Wort käme – über seine Arbeit hat Bill nichts zu sagen. Zu Hause warten eine offensichtlich schon seit Jahrzehnten nette Frau und liebe Enkelkinder, in der Garage ein Volvo und, das kommt jetzt häufiger vor, am Sonntag ein Begräbnis. Bill ist irgendwie am Ende und sucht einen neuen Anfang. Und weil er Amerikaner ist, geht er in den Wald.

Über das Thema der Selbstfindung in nordamerikanischen Wäldern gibt es fabelhafte Filme wie Kelly Reichardts Old Joy oder Martha Stevens' Pilgrim Song, die, von ästhetischer Kargheit und einem neuen Realismus geprägt, den eigentlichen Grund für den Rückzug in die Natur ersichtlich machen: Nicht die äußeren Umstände treiben in diesen Filmen den Menschen an, sondern er sich selbst. In A Walk in the Woods, mit dem deutschen Klamauktitel Picknick mit Bären ausgestattet, nimmt sich Bill nur deshalb den 3500 Kilometer langen Appalachian Trail vor, um der Langweile eines möglicherweise erfüllten Lebens aus dem Weg zu gehen.

Beängstigende Natürlichkeit

Unlängst kämpfte Robert Redford, derzeit schönster Mann mit zerfurchtem Gesicht, in All is Lost noch verzweifelt auf hoher See um die Rückkehr zur Zivilisation, von der er sich diesmal eine Auszeit gönnt. Basierend auf dem gleichnamigen Roman des Reiseschriftstellers Bill Bryson verkauft sich A Walk in the Woods jedoch in erster Linie als Buddymovie, in dem Redford sich an der Seite von – beziehungsweise meistens ein paar Meter vor – Nick Nolte als sein alter Kumpel Katz durch die Wälder schlägt. Dieser wiederum spielt den stolpernden, den menschlichen Lastern und Lüsten zugeneigten Ex-Alkoholiker mit jener beängstigenden Natürlichkeit, die man nicht fürs Kino lernt.

"Du weißt nicht, was vor dir liegt, aber du gibst dein Bestes", vergleicht Bill den Appalachian Trail mit dem Leben. Dass A Walk in the Woods, inszeniert von Malcolm in the Middle-Regisseur Ken Kwapis, nicht als Charakterstudie funktioniert, sondern als Typenkomödie mit Slapstickeinlagen, ahnt man bereits bei den ersten Schritten. (Michael Pekler, 19.10.2015)