Im Wahlkampf dominierten die Flüchtlingskrise und die schwächelnde Wirtschaft
Ottawa – Kanada wählt am Montag ein neues Parlament. Rund 25 Millionen Menschen in dem flächenmäßig zweitgrößten Land der Welt sind aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Der Wahlkampf war vor allem von der Flüchtlingskrise und der schwächelnden Wirtschaft bestimmt.
In Meinungsumfragen zeichnete sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen drei Parteien ab: den seit 2006 regierenden Konservativen von Premier Stephen Harper, den Liberalen von Justin Trudeau und der sozialdemokratischen Neuen Demokratischen Partei (NDP) von Thomas Mulcair. Zuletzt hatte Trudeau sich in Führung bringen können, die NDP schien abgeschlagen. Mit ersten Ergebnissen wurde in der Nacht auf Dienstag gerechnet.
Harper in Kritik
Harper geriet vor allem wegen seiner knallharten Flüchtlingspolitik immer stärker unter Druck der Opposition. Die Aufnahme von 10.000 Syrern in drei Jahren hatte der Regierungschef im Jänner versprochen, doch gerade einmal rund tausend sind bisher im Land. "Die Flüchtlingskrise war ein Schock für die Konservative Partei", sagte die Politikwissenschaftlerin Melanee Thomas von der Universität Calgary der Nachrichtenagentur dpa. "So etwas wollten sie auf keinen Fall im Wahlkampf haben, und dann hat diese Krise den Wahlkampf dominiert, und da haben sie nicht gut ausgesehen, das hat ihnen geschadet."
Die Kernwählerschaft der Konservativen werde von Harpers harter Linie bei dem Thema allerdings nicht abgeschreckt, sagt Thomas. "Hauptsächlich geht es um die Wähler, die zwischen den Konservativen und den Liberalen schwanken – und das sind ziemlich viele."
Stabile Mehrheit unwahrscheinlich
Eine stabile Regierungsmehrheit für eine Partei scheint ausgeschlossen. Bleiben nur Koalitionen, am wahrscheinlichsten die von Liberalen und NDP, oder eine Minderheitsregierung der Konservativen. Die gab es zwar lange, in diesem Fall haben aber beide Oppositionsparteien angekündigt, sie nicht mehr unterstützen zu wollen.
Kanada ist flächenmäßig nach Russland das zweitgrößte Land der Erde. Das Land, das im Süden an die USA grenzt, ist fast so groß wie ganz Europa, hat aber nur 35 Millionen Einwohner. Vor allem die Prärieprovinzen der Mitte und der eisige Norden sind extrem dünn besiedelt. Nominelles Staatsoberhaupt ist Königin Elizabeth II., denn Kanada gehört zum Commonwealth. Amtssprachen sind Englisch und Französisch, gesprochen vor allem in der östlichen Provinz Québec. (red, APA, dpa, 19.10.2015)