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Arbeitnehmervertreter fürchten im Zuge des Abgasskandals um die Leiharbeiter-Jobs bei VW.

Foto: APA/dpa/Julian Stratenschulte

Frankfurt – Der Betriebsrat von Volkswagen befürchtet als Folge des Abgasskandals eine Reduzierung der Leiharbeit im Konzern. Die Arbeitnehmervertreter würden "alle Möglichkeiten unterstützen, um die Arbeitsplätze unserer Kolleginnen und Kollegen mit Leiharbeitsverträgen zu sichern", sagte ein Sprecher des Konzernbetriebsrats am Wochenende. "Wir wissen, dass der Vorstand andere Szenarien diskutiert".

VW-Chef Matthias Müller hat einen harten Sparkurs ausgerufen, um die Krise zu bewältigen, die immer weitere Kreise zieht. Insidern zufolge hat VW bei der Manipulation der Abgaswerte mehrere Software-Versionen eingesetzt. Die illegale Software sei an vier verschiedene Motorentypen angepasst worden, sagten mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Manche Experten gehen davon aus, dass bei unterschiedlichen Software-Versionen möglicherweise mehr VW-Mitarbeiter von den Manipulationen gewusst hätten und damit höhere Strafen drohen. Ein VW-Sprecher sagte, derzeit werde intern intensiv ermittelt, wer wann was wusste. Es sei aber noch viel zu früh für Ergebnisse.

Erste Mitarbeiter hat VW bereits beurlaubt. Mitte September trat VW-Chef Martin Winterkorn ab, der stets betonte, keine Kenntnis von den Manipulationen gehabt zu haben. Ende des Monats scheidet der 68-Jährige auch aus der Porsche-Holding aus. Sein Nachfolger als Vorsitzender des VW-Mehrheitsaktionärs wird nach Angaben der von den Familien Porsche und Piech kontrollierten Holding VW-Aufsichtratschef Hans Dieter Pötsch.

Kritik von Gewerkschaft

Der designierte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann kritisierte in der "Bild am Sonntag", die Großaktionäre hätten in der Affäre eine ziemlich unrühmliche Rolle gespielt. "Volkswagen braucht einen Wandel in der Unternehmenskultur", sagte Hofmann, der nach seiner Wahl für den früheren IG-Metall-Chef Berthold Huber in den VW-Aufsichtsrat einziehen soll. "Die Philosophie, dass niedrige Kosten für hohe Renditen alles sind, hat zu strafbarem Fehlverhalten geführt." Die Belegschaften bei VW und bei den Zulieferern treffe keine Schuld. "Die Arbeitnehmervertreter werden alles tun, damit die Belegschaft nicht ausbaden muss, was Manager angerichtet haben", sagte Hofmann,

Die Entwicklung der Absatz- und Beschäftigungssituation sei nicht absehbar, erklärte ein VW-Sprecher. Sollte sich ein vorübergehender Beschäftigungsrückgang ergeben, werde Kurzarbeit eine sinnvolle Möglichkeit sein. "Der Vorstand unternimmt auch in dieser Krise alles, die Beschäftigung der Volkswagen-Mitarbeiter zu sichern", sagte der Sprecher.

Streit um staatlichen Zuschuss

"Bild" und "BZ" berichteten unter Berufung auf Regierungskreise, das Kanzleramt prüfe, wie den 6.000 Leiharbeitern des Konzerns Kurzarbeitergeld gezahlt werden könne. Die Bundesagentur für Arbeit lehne dies ab, da Leiharbeit vom Kurzarbeitergeld ausgeschlossen ist. Anfang des Monats hatte bereits Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel angekündigt, er wolle die Kurzarbeiterhilfen bei VW auch auf Leiharbeiter ausweiten.

Gegen den Vorstoß regte sich aber Kritik in der Union. "Schwankende Beschäftigungsmöglichkeiten sind für die Zeitarbeitsbranche charakteristisch", sagte der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, Karl Schiewerling (CDU), Anfang Oktober. Deshalb sei sie von der Kurzarbeiter-Regelung ausgeschlossen. Es könne auch nicht sein, dass nun Beitragszahler für die Fehler des Managements bei VW aufkommen sollten.

Kurzarbeitergeld wird aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung finanziert, in die Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu gleichen Teilen einzahlen. Durch die Zahlung von Kurzarbeitergeld, das auf sechs Monate begrenzt ist, können Betriebe Konjunktur- oder Auftragsflauten ohne Entlassungen überbrücken und so Stammbeschäftigte im Betrieb halten. In der Hochzeit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009/2010 erhielten bis zu 1,5 Millionen Beschäftigte Kurzarbeitergeld. Damals wurde dies durch eine Ausnahmeregelung auch für die Leiharbeit ermöglicht. (APA, 18.10.2015)