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Ungarn schließt die Grenzen weiter.

Foto: REUTERS/Laszlo Balogh

Zagreb/Budapest – Ungarn hat wie angekündigt seine Grenze zu Kroatien geschlossen. Seit Mitternacht würden Flüchtlinge wegen der Sperrung nach Slowenien umgeleitet, hieß es laut der Nachrichtenagentur Reuters auf kroatischer Seite. Beide Länder deuteten zuvor an, die Flüchtlinge nicht aufhalten zu wollen, solange sie nach Deutschland und Österreich weiterreisen könnten.

Ungarn rechtfertigte die Grenzschließung unmittelbar nach Mitternacht: Das Land sei dazu verpflichtet, seine Grenzen und damit zugleich die Schengen-Grenze vor illegalen Übertritten zu schützen, erklärte Regierungssprecher Zoltan Kovacs bei einer Pressekonferenz in der Nacht auf Samstag kurz nach 24.00 Uhr im ungarisch-kroatischen Grenzort Zakany.

Mit diesem Ziel habe Ungarn ab Mitternacht die Grenze zu Kroatien geschlossen und damit einen Mechanismus für Grenzschutz und Grenzkontrolle eingeführt, der sich bereits an der ungarisch-serbischen Grenze bewährt hätte, erklärte er. Die illegale Überwindung der Grenzsperre an der kroatischen Grenze und deren Beschädigung gelten seit Mitternacht – wie im Falle der ungarisch-serbischen Grenze – als Straftat und werden ab sofort mit Haftstrafen geahndet.

Strengere Kontrollen an regulären Übergängen

Kovacs erinnerte an den Beschluss des ungarischen Kabinetts für Nationale Sicherheit, das am Freitagnachmittag angesichts des starken Zuzugs von Flüchtlingen über die Westbalkan-Route die Schließung der ungarisch-kroatischen Grenze angeordnet hatte. Entlang dieser seien zwei Transitzonen eingerichtet worden. Hier würden Migranten registriert und könnten Asylanträge stellen, erklärte er.

György Bakondi, Chefberater von Premier Viktor Orban, erinnerte auf der Pressekonferenz daran, dass am Freitag rund 6.000 Flüchtlinge über die kroatische Grenze nach Ungarn gekommen seien. Die regulären Übergänge an Ungarns Schengen-Außengrenze zu Kroatien sind von der Abriegelung nicht betroffen, dort sollen jedoch strenge Kontrollen erfolgen, hieß es bereits vor der Grenzschließung.

In Absprache der Polizeibehörden von Slowenien und Kroatien sollen die Flüchtlinge nun über drei Übergänge im Nordosten Sloweniens eintreffen. Diesen Plan kündigte der kroatische Innenminister Ranko Ostojic bereits am Freitag an. Slowenien hat inzwischen erneut den Personen-Zugverkehr zwischen den beiden Ländern gestoppt.

Laut dem kroatischen Innenminister sind die Grenzübergänge Macelj (Kroatien)/Gruskovje (Slowenien) und Mursko Sredisce/Petisovci die Transitorte. Das sagte er laut Nachrichtenagentur Hina am Freitagabend in dem Aufnahmelager in Opatovac. Kroatien plant demnach die Flüchtlinge von der serbischen Grenze mit Zügen nach Cakovec im Norden des Landes zu bringen und sie von dort mit Bussen weiter an die beiden Grenzübergänge zu transportieren.

Absprache mit Slowenien

In den beiden Grenzorten sind auf slowenischer Seite Aufnahmezentren für die Registrierung der Flüchtlinge vorgesehen. In dem Zeltlager in Gruskovje gibt es Platz für 300 Menschen, in den Zelten in Petisovci können rund 100 Menschen untergebracht werden, so die Angaben der Polizei.

Laut Ostojic werden über den Straßenübergang in Gruskovje vorerst 300 Flüchtlinge nach Slowenien weitergeleitet, weitere 300 sollen über den Straßenübergang in Petisovci und rund 1.200 über den dortigen Bahnübergang gelenkt werden. Die kroatische Außenministerin Vesna Pusic betonte unterdessen, dass sich Kroatien mit Slowenien absprechen werde, "wie viele Flüchtlinge sie in einem gewissen Zeitraum aushalten können".

Kroatien hat nicht vor, die Flüchtlinge weiter nach Ungarn zu schicken, das an der Grenze zwei Transitzonen eingerichtet hat, wo Flüchtlinge Asyl beantragen könnten. Ostojic lehnte eine solche Möglichkeit ab. "Wir spielen nicht mit den Menschen", sagte der Minister. Die Flüchtlinge werde man darauf hinweisen, dass sie an den ungarischen Grenzübergängen Asyl beantragen können, was auch bedeute, dass sie dort auch bleiben müssen.

Nach der Schließung der ungarischen Grenze sei die Route über Slowenien für die Flüchtlinge die einzige Alternative auf ihrem Weg Richtung Westen, sagte Pusic am Freitagabend zum öffentlich-rechtlichen Sender HRT. "Solange Deutschland seine Grenze nicht geschlossen hat und diese Menschen durch Österreich gehen können, wird sich das so fortsetzen", so Pusic. Sollten aber die beiden Länder ihre Grenzen schließen, dann wird auch Kroatien das machen müssen. "Dann gibt es keine Alternative", betonte die Außenministerin.

Slowenien richtet sich nach Österreich richtet sich nach Deutschland

Auch Slowenien macht seine weiteren Handlungen von Deutschland und Österreich abhängig, wie der Außenminister Karl Erjavec zuvor in Ljubljana erklärte. Solange die beiden Länder ihre Türen für die Flüchtlinge offen lassen, will ihnen auch Slowenien die Durchreise ermöglichen, hieß es. Vom österreichischen Amtskollegen Sebastian Kurz (ÖVP) habe Erjavec zudem die Bestätigung bekommen, dass Österreich keine Maßnahmen treffen werde, solange Deutschland bei der bisherigen Vorgangsweise bezüglich der Flüchtlinge bleibt. Am Samstag (heute) trifft der slowenische Rat für Nationale Sicherheit zusammen, um Maßnahmen zu dem bevorstehenden Andrang von Flüchtlingen zu beraten.

Im September war Slowenien bereits – für weniger als eine Woche – mit vergleichsweise hohen Flüchtlingszahlen konfrontiert. Damals traf der Großteil der Menschen über den Südosten des Landes ein. Diesmal scheint die Route eher über den Nordosten des Landes zu verlaufen. Von dort ist auch die Entfernung zu Österreich kleiner. Unmittelbar an der Grenze mit Österreich wurde auch die größte Flüchtlingsunterkunft in Slowenien, ein Zeltlager für 2.000 Menschen an dem Grenzübergang Sentilj/Spielfeld, errichtet.

Laut ungarischen Medienberichten sei gegen 23.30 Uhr noch ein Zug mit rund 1.200 Migranten an der kroatisch-ungarischen Grenze eingetroffen, die von der ungarischen Polizei auf dem Bahnhof von Zakany in einen anderen Zug gelenkt wurden, der sie noch in der Nacht an die österreichische Grenze bringen soll. (APA, 17.10.2015)