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Vergangenen Sonntag tauchte sie plötzlich auf und verbreitete sich wie die Masern, die Rede von der Leihstimme. Wessen Ursprung dieser Terminus ist, lässt sich nicht mehr dingfest machen, der Geburtsort scheint dagegen bekannt zu sein. Es handelt sich um die vier Wände eines Politberaters, der diese Kreation womöglich am Küchentisch empfangen hat. Ihre vermeintliche Legitimation liegt im Gedanken vergraben, Wähler, die ansonsten anders wählen würden, hätten bei der Wien-Wahl ihre Kreuze aus Gründen (Taktik, schiacher Spitzenkandidat etc.) unreinen Herzens bei einer anderen Partei gesetzt.

Früher nannte man sie Wechselwähler, und aus. Denn eine Stimme kann man einer Sache zwar sprichwörtlich leihen, deshalb von einer Leihstimme zu reden, ist verwegen. Gedankenlos wurde das Wort allerorts apportiert, so, als könnte man diese Stimmen wie Leihwagen, Leihomas oder Filme in der Videothek ausborgen.

An dem Begriff klebt die Anmaßung wie ein Prostitutionsverdacht. So, als wären es Stimmen geringfügig beschäftigter Leiharbeiter, also kaum was wert an der Urne der Überzeugungstäter. Was gegenüber jenen eine Frechheit ist, die dieses Mal, sagen wir, Rot gewählt haben, bloß weil ihnen der schwarze Kandidat zu bestattungsunternehmerisch erschien. Jeder Kärntner könnte einem Politberater ausrichten, dass die Menschen den lei net wählen wollten. Jetzt ist es wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis einer kommt und das als Lei-Lei-Stimme abtut. (flu, 17.10.2015)