Bild nicht mehr verfügbar.

Ermittlungen auf dem Gelände der "Colonia Dignidad"

Foto: EPA/BENJAMIN HERNANDEZ

Santiago de Chile – Dokumente aus der Zeit der chilenischen Militärdiktatur belegen nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten enge Verbindungen zwischen der Regierung von Machthaber Augusto Pinochet (1973 bis 1990) und der Deutschensiedlung Colonia Dignidad im Süden des Landes.

Die chilenische Organisation Londres 38 veröffentlichte am Donnerstag auf ihrer Internetseite einen 1.200 Seiten umfassenden Bericht der chilenischen Polizei, der demnach auf Unterlagen aus den Geheimarchiven der Kolonie beruht. Diese waren bei Durchsuchungen der Colonia Dignidad in den Jahren 2000 und 2005 ausgegraben und beschlagnahmt worden, wurden aber seither unter Verschluss gehalten.

Waffenlager

Die Leiter der umstrittenen Siedlung archivierten demnach Informationen über Pinochet-Gegner, Gewerkschafter und linke Aktivisten, aber auch über Agenten des chilenischen Geheimdienstes CNI sowie über militärische und zivile Behörden der Diktatur. Die Archive enthalten den Angaben zufolge auch Informationen über die mutmaßliche Geheimdienstausbildung von Colonia-Mitgliedern und über Waffen auf dem über 13.000 Hektar großen Gelände der Siedlung nahe der südchilenischen Stadt Parral.

Die Unterlagen wurden der chilenischen Menschenrechtsorganisation Londres 38 nach deren Angaben aus "geheimer und vertrauenswürdiger Quelle" zugespielt. Die Organisation hofft, dass die Informationen für die Justiz hilfreich sind.

Gefangene zu Tode gefoltert

Nach Aussagen von Zeugen wurden während der Militärdiktatur politische Gefangene in die Deutschenkolonie verschleppt und dort zu Tode gefoltert. Später hieß die Siedlung Villa Bavaria. Auf dem weiträumigen Gelände lebten zeitweise hunderte deutsche Auswanderer und ihre Familienangehörigen.

Gegründet wurde die "Kolonie Würde" Anfang der 1960er-Jahre von dem nach dem Zweiten Weltkrieg aus Deutschland geflohenen ehemaligen Wehrmachtsgefreiten Paul Schäfer mit 300 Getreuen. Schäfer wurde wegen Mordes, sexuellen Missbrauchs und Folter zu einer 20-jährigen Haftstrafe verurteilt. Er starb 2010 im Alter von 88 Jahren im Gefängnis.

Laut einem amtlichen Untersuchungsbericht wurden während der Militärdiktatur 3.200 Menschen ermordet. Nachweislich wurden mindestens 28.000 Menschen gefoltert, vermutlich ist die Zahl der Opfer jedoch wesentlich höher. (red, APA, 15.10.2015)