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Autor Jean-Yves Ferri und Illustrator Didier Conrad vor den beiden Titelhelden (mit Hund).

Foto: REUTERS / Charles Platiau

Der Schleier über dem 36. Asterix-Band wurde nicht in einem gallischen Dorf gelüftet, sondern auf dem Eiffelturm. Warum dort? Offiziell, weil dessen Bau fast gleich viel Zeit wie der jüngste Comic aus dem bretonischen Hinterwinkel in Anspruch nahm – rund zwei Jahre. In Wahrheit wohl eher, weil der Comic wie der Pariser Eisenturm ein Monument des französischen Kulturgutes ist. Von allen Asterix-Alben wurden schon 365 Millionen Exemplare verkauft, was aufgeschichtet 8.000 Eiffeltürme ergäbe, wie bei der Pressepräsentation hoch oben über der französischen Hauptstadt zu erfahren war.

Der neueste Stein des Asterix-Stapels heißt "Der Papyrus des Cäsar". Für den Texter Jean-Yves Ferri und den Zeichner Didier Conrad war es der zweite Streich nach ihrem Debüt "Asterix bei den Pikten", dessen Weltauflage 5,4 Millionen Exemplare erreichte. Nach der geglückten Feuertaufe gingen die beiden 56-jährigen Franzosen, die das Licht der Welt zufällig im gleichen Jahr wie Asterix erblickten, nach eigener Darstellung "bedeutend entspannter zur Sache". Dass der erste in Toulouse (Südfrankreich) wohnt, der zweite in Los Angeles, sehen beide nur als Vorteil: So entzogen sie sich der anfänglich engen Kontrolle durch Albert Uderzo, der mit dem 1977 verstorbenen René Goscinny die Gallier-Chronik erfunden und bis 2012 gestaltet hatte. Und der sein "Kind" mit 88 Jahren nicht so leicht in fremde Hände gibt.

Soziale Medien

Untereinander kommunizieren die zwei an das einsame Werken gewöhnten Berufsprofis per Skype, E-Mail und SMS. Das erklärt vielleicht ein wenig das Thema des neuen Bandes: die sozialen Medien in Zeiten des "Gallischen Krieges", wie Cäsars Hauptwerk heißt. An sich bleibt der Inhalt des 36. Asterix-Abenteuers bis zu seinem Erscheinen am 22. Oktober geheim. Aus Uderzos Andeutungen lässt sich so viel zusammenreimen: Im Cäsar'schen Opus spielt ein Fragment, das sich um das mittlerweile berühmte Gallierdorf dreht, eine wichtige Rolle.

Das Gleiche gilt für den Bösewicht Cäsars, einen Kommunikationsberater namens Promoplus, der ganz offensichtlich dem berüchtigten Pariser Vorbild Jacques Séguéla nachempfunden ist. Sein Gegenpart ist der Journalist Polemix, der als Korrespondent für ein Blatt aus Lutetia arbeitet. Er gleicht einem anderen lebenden Vorbild – Julian Assange von der Enthüllungsplattform Wikileaks. Ferri räumt ein, dass er anfangs mit dem Gedanken gespielt habe, ihn "Wikilix" zu nennen, doch sei er wieder davon abgekommen. Vielleicht, weil es Goscinnys subtilen Humor nicht getroffen hätte.

Rhythmus der Ohrfeigen

Umso weniger halten sich die beiden Autoren bei den obligaten Keilereien zurück. "Ich mag zwar Gewalt überhaupt nicht, aber ein gewisser Rhythmus der Ohrfeigen muss schon sein", erklärte Ferri schmunzelnd, während Conrad einräumte, dass er an ein einziges Großbild voller verdroschener Römer eine ganze Woche gegeben habe. So viel verlangt ihm sonst eine ganze Comicseite ab. "Nicht leicht, fünfzig Römer in einen einzigen Rahmen zu kriegen", stimmt Uderzo trocken wie immer zu. Das letzte Urgestein der französischen Comicszene zieht den Hut vor Conrad, der das Kunststück fertiggebracht habe, dass man im neuen Band über Cäsar lächle, ohne dass dieser lächerlich gemacht werde.

Goscinnys Tochter Anne, die das Asterix-Abenteuer heute mit dem Pariser Verlag Hachette weiterführt, verweist auf eine andere Schwierigkeit für die neuen Autoren: Sie stünden nicht nur unter einem enormen Erwartungsdruck, sondern müssten auch die Tradition der großen Vorgänger wahren und zugleich ihre eigene Handschrift einbringen. "Das war wirklich nicht leicht", meinte die Erbin, damit auch andeutend, dass es ihr selbst nicht leicht gefallen sei, die zwei neuen Autoren als würdige Nachfolger ihres Vater zu akzeptieren. Heute sei sie aber "voller Bewunderung" für die Arbeit, meinte Anne Goscinny, und man spürt es, das meint sie nicht nur zum Geschäftszweck. Selbiger muss aber auch sein: "Der Papyrus des Cäsar" erscheint in zehn Tagen in zwanzig Sprachen und mit einer Startauflage von vier Millionen Exemplaren. (Stefan Brändle aus Paris, 14.10.2015)