Bild nicht mehr verfügbar.

Ein fragiler Antiheld wird auf die Weltbühne geworfen: Jesse Eisenberg und Kristen Stewart in "American Ultra".

Foto: AP/Alan Markfield

Englischer Trailer.

Movieclips Trailers

Deutscher Trailer.

KinoCheck

Berlin – Der Krieg gegen den Terror kann jederzeit und überall losbrechen, auch in West Virginia, wo ein Schisser namens Mike Howell ein unscheinbares Leben führt. Er hatte sich neulich einmal etwas vorgenommen: raus aus dem Kaff, ab nach Hawaii, um dort endlich der Freundin, die ihm aus für ihn nicht immer ganz erfindlichen Gründen die Stange hält, einen Antrag zu machen. Das Abenteuer endete auf der Flughafentoilette mit einer Panikattacke. Wenig später sind die beiden wieder daheim, und Phoebe schlägt ein Ei in die Pfanne.

Warum ist sie so loyal? Mike ist argwöhnisch, den Ring will er nun aber einmal loswerden. Bei nächster Gelegenheit wird er auf die Knie gehen und sich als Mr. Right offenbaren. Davor gibt es dann doch noch ein Abenteuer in Nima Mourizadehs American Ultra. Es wird durch ein Codewort ausgelöst, das Mike allerdings nicht sofort versteht. "Progressive Kirsche" würden auch andere Leute nur zögernd auf sich beziehen.

Antiheld in der Weltpolitik

Vor zwei Jahren spielte Jesse Eisenberg in Night Moves den Terroristen Josh, der im äußersten Nordwesten Amerikas einen Staudamm sprengt und dann im Milieu der radikalen Ökos untertaucht. Die Figur von Mike Howell wirkt nun wie ein entfernter Verwandter dieses Josh, wobei sich der Horizont der Imagination hier deutlich erweitert. Denn für den Drehbuchautor Max Landis wird Mike zu einem dieser Antihelden, die plötzlich auf die Szene der Weltpolitik geworfen werden und sich dem Zugriff der Geheimdienste entziehen müssen.

Wobei die Pointe in American Ultra darin besteht, dass alles von einer weit über das Ziel hinausschießenden Organisation ausgeht: Die CIA führt hier mehr oder weniger einen internen Krieg, und Mike ist dabei die Beute. Und zugleich der schmalbrüstige Rambo. Die wunderbare Romanze in American Ultra führt Eisenberg wieder mit Kristen Stewart zusammen, und zwar ganz in jenem Geist, der 2009 schon Adventureland beherrscht hat: einem feinen Sinn für befremdliche Wirklichkeiten.

Satire auf Hybris realer Systeme

Mit so einem Sinn kommt man in einem Actionfilm nicht weit, aber genau daran zweifelt dieser Film. Mike ist, in seiner ganzen Fragilität, die Antithese zu einem brauchbaren Helden, dadurch lässt er diesen rabiaten Exekutivismus, den gerade amerikanische Handlungsträger oft an den Tag legen, umso eleganter ins Leere laufen. Landis und Mourizadeh zielen mit ihrer Satire auf die Hybris durchaus realer Systeme. Ihr Film passt perfekt in ein Stimmungsbild, in dem Leute sich zunehmend Gedanken machen, wie die Welt aussehen würde, wenn die Dienste nach 2001 nichts weiter gemacht hätten als ihre normale Arbeit.

Der Ort, an dem sich alles zuträgt, könnte amerikanischer kaum sein, vor diesem Hintergrund wirken die Agenten fast schon wie Außerirdische. Ein sinistrer Slapstick prägt American Ultra, die Komik hat eine Qualität des Unwirklichen, und so vermittelt Nima Mourizadeh perfekt die Gefühlslagen einer Hauptfigur zwischen Schleudertrauma und unvermutetem Behauptungswillen. In einem Film, der im besten Sinne staunen lässt – am meisten wohl seinen Helden. (Bert Rebhandl, 14.10.2015)