Manfred Juraczka und Gernot Blümel gaben einander am Montag die Klinke in die Hand: Blümel wurde mit 95,7 Prozent als neuer ÖVP-Wien-Chef bestätigt und soll nun die Landespartei neu aufstellen.

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Ein Mal hat das ja schon funktioniert. Auch wenn die Volkspartei für eine Wiener Best-Practice-Methode gleich mehrere Jahrzehnte in die Vergangenheit blicken musste: "Modell Busek" heißt nun parteiintern die schwarze Hoffnung – benannt nach Erhard Busek, der genau wie der seit Montag designierte Landesparteichef Gernot Blümel heute, im Jahr 1976 Generalsekretär war, als er in die Spitze der Wiener ÖVP beordert wurde.

Busek bescherte der Volkspartei damals ein Hoch (Wahljahr 1983: 34,8 Prozent), das danach nie wieder erreicht werden konnte. Seit Sonntag rangieren die Landesschwarzen nun bekanntlich im einstelligen Bereich.

Fortsetzung der "Verjüngungskur"

Blümel übernimmt somit ein sinkendes Schiff und ist gleichzeitig nicht einmal der neue Kapitän erster Wahl. Wien-Chef-Wunschkandidat war ÖVP-intern seit langem der schwarze Politsenkrechtstarter und Außenminister Sebastian Kurz – der sich aber auch diesmal wieder erfolgreich drücken konnte. Ebenfalls im Gespräch war Staatssekretär Harald Mahrer, gegen den in der Partei allerdings einige explizit mobilisiert haben sollen. Blieb also Blümel, der zwar nicht Kurz ist, aber immerhin den Kurz-Effekt erzeugen könnte: Er ist jung, fleißig, attraktiv – und bereits seit Jugendtagen in der Partei sozialisiert.

"Seine Besetzung ist die logische Fortsetzung der parteiinternen Verjüngungskur", sagt Dominik Schrott, stellvertretender Bundesobmann der Jungen Volkspartei (JVP), in der auch Blümel groß wurde. Zuerst wurde Jungspund Kurz in die Regierung geholt; nach allen Wahlen, die in diesem Jahr abgehalten wurden, zogen die JVP-Landeschefs in die jeweiligen Landtage ein – "junge Kandidaten bekommen seit einiger Zeit mehr Wertschätzung", sagt Schrott.

Der Mann für Neuausrichtung

Blümel ist 33 Jahre alt, studierte Philosophie und Wirtschaft in Wien und wurde vor sieben Jahren von Michael Spindelegger, damals zweiter Nationalratspräsident, als Mitarbeiter ins Parlament geholt – und nicht mehr losgelassen. Gemeinsam mit ihm durchlief Blümel sämtliche Stationen: zuerst Referent im Außenministerium, dann Mitarbeiter im Kabinett des Vizekanzlers, vor zwei Jahren machte Spindelegger ihn schließlich zum Generalsekretär.

In dieser Funktion, die er bis heute bekleidet, betreute er den Programmerneuerungsprozess "Evolution Volkspartei" – und gilt seither in schwarzen Kreisen als Mann für die Neuausrichtung.

Das kommt für Wien derzeit natürlich gelegen, frischen Wind braucht die Volkspartei dort nach der aktuellen Wahlschlappe dringender denn je. Da man wesentlich weniger Funktionäre hat als noch vor einigen Jahren, muss sich die Partei strukturell und personell komplett neu aufstellen.

Blümel selbst kann, weil er nicht auf dem Wahlvorschlag stand, auch nicht in den Gemeinderat einziehen. Er könnte aber nichtamtsführender Stadtrat oder – so es zu einer rot-schwarzen Koalition kommt – "echter" Stadtrat werden.

"Originelle Entwicklungen"

Vonseiten der Wirtschaft wird nun auf mehr Gehör gehofft: Die Stadt müsse unternehmerfreundlicher werden, fordert der Wiener Wirtschaftsbund. Der Chefwechsel werde begrüßt, sagt Sprecher Florian Gross: "Die ÖVP Wien muss auf wirtschaftliche Vernunft setzen und das auch klar in ihrem Programm verankern." Die Themen Wirtschaft und Bildung habe Blümel aber bereits in seiner Zeit in der Bundespartei forciert.

Auch Modell-Namensvater Busek selbst ist vorsichtig zuversichtlich. Der bisherige Landeschef Manfred Juraczka sei kein "Aufwecker" gewesen, Blümel müsse nun "originelle Entwicklungen" einleiten. Parteiintern sollte er dafür Rückhalt haben: Er wurde mit 95,7 Prozent vom Vorstand bestätigt. (Katharina Mittelstaedt, Günther Oswald, 13.10.2015)