Leoben – Am Straflandesgericht Leoben hat am Montag der Prozess rund um Malversationen im Zeltweger Gemeinderat begonnen. Angeklagt sind zwei Ex-Bürgermeister, ein ehemaliger Stadtamtsdirektor und ein Finanzstadtrat, die insgesamt einen Schaden von mehr als 1,5 Millionen Euro verursacht haben sollen. Alle vier schoben bisher die Schuld auf einen Kronzeugen, der für die Finanzen zuständig war.

Der Fall liegt mehrere Jahre zurück. Allen vier Beteiligten wird Amtsmissbrauch, teilweise auch Untreue und Betrug vorgeworfen, weil unter anderem Geld illegal an den Eishockeyverein Zeltweg geflossen sein soll. Die Angeklagten gaben übereinstimmend an, sich nicht schuldig zu fühlen. "Es hat derart viele Malversationen in Zeltweg gegeben, dass es schwierig war zu filtern, was ist strafbar und was nicht", meinte der Staatsanwalt einleitend. Zunächst war nur der Leiter der Finanzabteilung ins Visier der Ermittler geraten, doch dieser nannte dann die anderen als die Hauptverantwortlichen. Er selbst beantragte einen Status als Kronzeuge, der ihm nach der seit heuer geltenden Regelung auch bewilligt werden dürfte.

Ex-Bürgermeistern beteuern Unschuld

Ex-Bürgermeister Kurt Haller (SPÖ) war von 2008 bis 2010 im Amt und muss sich ebenso wie sein Vorgänger Kurt Leitner (SPÖ), der von 2001 bis 2008 regierte, wegen Amtsmissbrauchs und Untreue verantworten. Beide fühlten sich in keiner Weise schuldig, auch wenn Haller die Tatsachen, dass das Geld mit seinem Wissen an den Eishockey-Verein Zeltweg geflossen ist, nicht leugnet. "Damals hat man alles viel lockerer gesehen", meinte sein Verteidiger.

Alle vier Anwälte waren sich einig, dass der ehemalige Leiter der Finanzabteilung "eine dubiose Rolle" gespielt habe. Der ganze Fall war ja erst ins Rollen gekommen, weil die Bank einen Malversationsverdacht gegen diesen Beamten hegte. Bürgermeister Haller konfrontierte den Verdächtigen mit den Vorwürfen, und dieser gab alles zu. Doch dann wechselte er den Anwalt und begann, die vier anderen massiv zu belasten. Außerdem wollte er in den Genuss der erst seit 2015 geltenden Kronzeugenregelung – die ihm möglicherweise Straffreiheit bescheren würde – kommen.

Die Beschuldigteneinvernahme wurde am Montag mit dem Viertangeklagten begonnen, der als Finanzstadtrat tätig war und ist. Er bestätigte, dass es für die sogenannten Barvorlagen keine Gemeinderatsbeschlüsse gab, denn es seien "kurzfristige Kredite, keine Darlehen" gewesen. Außerdem habe er dem Leiter der Finanzabteilung vertraut: "Ich bin ja nicht gescheiter als der, der die Dienstprüfung abgelegt hat", meinte er.

Ohne Befugnis

Die komplizierten Vorgänge um die Finanzen brachte der Ankläger so auf den Punkt: "Es wurde Geld bei einer Kostenstelle eingebucht und ganz wo anders ausgebucht". Außerdem seien die Stadtverantwortlichen stets davon ausgegangen, der Finanzleiter "macht das schon, ohne Befugnis und ohne Kenntnis des Gemeinderats."

Genau jener mutmaßliche Kronzeuge ist nun nach Meinung aller Angeklagten und Verteidiger der Hauptschuldige. "Er war der eigentliche Übeltäter, er war sowohl Oberfinanzbeamter als auch Oberbuchhalter", schilderte Verteidiger Dieter Neger, der Ex-Bürgermeister Kurt Haller (SPÖ) vertritt. Als "finanzielle Drehscheibe der Gemeinde" habe dieser – das Verfahren gegen ihn wird extra geführt – die Unregelmäßigkeiten allein erdacht und auch allein zu verantworten. Niemand der vier Angeklagte habe sich persönlich bereichert, sagten die Anwälte.

Die Verhandlung wird am Mittwoch fortgesetzt, spannend dürfte es am Freitagnachmittag werden: Da soll der sogenannte Kronzeuge gehört werden. Sein Termin wurde vorverlegt, da er dann einige Wochen auf Reisen ist, begründete der Richter. (APA, 12.10.2015)