Hans Bürger beim Interview mit voestalpine-Chef Wolfgang Eder.

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Wien – Aufregung gibt es im ORF um ein Werbevideo der voestalpine mit Fernseh-Innenpolitikchef und "Sommergespräche"-Moderator Hans Bürger. Der ORF-Ethikrat sieht darin einen Bruch des ORF-Gesetzes sowie der Compliance-Regeln für ORF-Journalisten, die ORF-Geschäftsführung spricht von einem "Missverständnis".

Was ursprünglich offenbar für die interne Kommunikation und das Intranet der voestalpine gedacht war, nämlich ein Interview Bürgers mit voestalpine-Chef Wolfgang Eder zum 20. Jahrestag des Börsegangs des Stahlkonzerns, landete am Freitag prominent platziert als Werbevideo direkt auf der blauen ORF.at-Seite. Mitarbeitern der ORF-Information ist kommerzielle Kommunikation laut ORF-Gesetz und nach den internen Compliance-Regeln allerdings strikt untersagt. Der ORF-Ethikrat forderte deshalb einen Stopp der Kampagne, da die Werbeaktion Zweifel an der Unabhängigkeit der ORF-Berichterstattung gegenüber der voestalpine aufkommen lassen könne.

ORF spricht von Missverständnis

Zu Mittag wurde das Werbevideo dann auch wieder vom Netz genommen. "Das ganze ist ein Missverständnis, die voest hat die Kampagne gestoppt", sagte ORF-Kommunikationschef Martin Biedermann der APA.

Auch Bürger selbst verstand die Aufregung nicht und zeigte sich über die Kritik verärgert. Die Idee zum Interview sei von ORF-Chef Alexander Wrabetz und dem voestalpine-Vorstandsvorsitzenden gekommen, erklärte der stellvertretende Chefredakteur und Innenpolitikchef der Fernsehinformation gegenüber der APA. Er wollte das Interview mit Eder zunächst wegen eines möglichen Konflikts mit den Compliance-Regeln nämlich gar nicht machen. Auf Drängen von Wrabetz und weil das Gespräch auch in ORF III ausgestrahlt werden sollte, habe er aber zugesagt.

"Ich habe dafür kein Honorar erhalten und nur eine Linzer-Torte bekommen", so Bürger. Das Interview fand in Linz statt. Nicht einmal die Fahrtkosten habe er erhalten, sagt Bürger zum STANDARD. Er habe vor dem Termin das OK der Compliance Stelle eingeholt. Dass das Interview für Werbezwecke verwendet werden sollte, sei mit ihm auch nicht abgesprochen gewesen.

ORF 3 kaufte Interview

"Das war nicht abgesprochen und nicht genehmigt", meinte auch ORF-Kommunikationschef Biedermann. "Die voestalpine hat das Interview für interne Zwecke produziert." Der Kultur- und Informationssender ORF III hat das Interview von jener Firma zugekauft, die es für die voestalpine produzierte, und strahlte das Gespräch mit Eder am 1. Oktober im Rahmen der Reihe "Das ganze Interview" aus. Laut Biedermann kein ungewöhnlicher Vorgang: "Das war ein gutes Interview und kein Gefälligkeitsinterview. Deshalb hat man es bei ORF III übernommen." (APA, red, 9.10.2015)