Auch die Messe München, wo die Expo Real stattfand, beherbergte vor einigen Wochen Flüchtlinge.

Foto: Messe München/Expo Real

Wie heiß das Thema Flüchtlinge ist, war am Andrang bei einer Podiumsdiskussion bei der Expo Real in München ersichtlich. "Es wird eng", kommentierte der Moderator, der deutsche Immobilienentwickler Wulff Aengevelt, – was ja auch zum Thema passe. Der schwierige Spagat, der im Zentrum der Diskussion stand: Die einen werfen der Immobilienbranche vor, aus der Krise Profit zu schlagen. Andere sprechen von der "Assetklasse" Flüchtlingsunterkünfte und reden von Renditen.

Einig waren sich alle über die Dimensionen der Herausforderung: 500.000 Wohneinheiten werden in den nächsten Jahren laut Aengevelt in Deutschland durch den Zuzug benötigt.

Ein Lösungsansatz: Investor Markus Gildner ist gerade dabei, nach vier Monaten Bauzeit eine Reihenhausanlage im mittelfränkischen Eckental fertigzustellen. In den sechs Häusern ist Platz für je drei Wohnungen, insgesamt sollen 60 Flüchtlinge hier gegen Ende des Jahres einziehen.

Ungenütztes Bürohaus

Leistbarer Wohnraum sei in Deutschland knapp, sagt Gildner: "In diesen Markt drängen nun Flüchtlinge und verdrängen die alleinerziehende Mutter." Das birgt sozialen Sprengstoff. In Eckental regte sich bereits Widerstand gegen Gildners Projekt, das sich wohl auch deshalb laut Homepage nicht nur an Asylwerber und anerkannte Flüchtlinge wendet , sondern auch an "sozial bedürftige Bürger". Geht es nach Gildner, sollen weitere Projekte folgen.

Thomas Geisel, Oberbürgermeister von Düsseldorf, berichtete, dass man derzeit im Krisenmodus operiere. Gerade hat die Stadt ein ungenütztes Bürohaus gekauft, das nun zur Flüchtlingsunterkunft umgebaut wird. "Aus dieser Notsituation Kapital zu schlagen geht nicht", warnt er die Branche. Man befinde sich in einer Situation, in der Gemeinsinn an den Tag gelegt werden müsse.

Über die Situation in Berlin berichtete Andreas Tied von der Investitionsbank Berlin. Bis zu 1.000 Flüchtlinge würden in der deutschen Hauptstadt pro Tag ankommen – und Platz sei sehr beschränkt: "Wir haben in einigen Bezirken Leerstände von 0,8 Prozent." Die Bautätigkeit müsse sich innerhalb kurzer Zeit verdreifachen, um den Bedarf decken zu können.

"Keine Assetklasse"

"Die Branche nimmt sich immer wichtig – das können wir jetzt zeigen", meinte Jürgen Erbach von der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen und wandte sich an das Publikum: "Macht die Bestandsimmobilien frei."

Der Experte für Immobilienentwicklung wünscht sich statt Ghettos Durchmischung im Wohnbau: "Daher können Flüchtlingsunterkünfte gar keine Assetklasse sein. Das wäre die Kapitulation vor der Integration." Als Preistreiber identifizierte er die Länder und Kommunen – etwa mit der Grunderwerbssteuer und Brandschutzbestimmungen. Die derzeitige Situation sei für die Branche auch eine Chance, ihr Image aufzupolieren.

Zu großer Vorsicht riet wiederum Steffen Uttich von der BEOS AG. Er sieht die Immobilienbranche in einer "schwierigen Rolle": "Man kann die Kommunen unterstützen, steht aber unter Generalverdacht des eigenen Vorteils."

In einem Jahr werde man bei der Expo Real weiterdiskutieren, meinte Aengevelt abschließend. "Dann werden wir einen größeren Saal buchen." (Franziska Zoidl, 11.10.2015)