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Der Papst und die Bischöfe bei der Eröffnung der Synode.

Foto: AP Photo/Alessandra Tarantino

"Für Gott ist die Ehe keine Utopie der Jugend, sondern ein Traum, ohne den seine Geschöpfe zur Einsamkeit bestimmt sind", betonte Papst Franziskus am Sonntag im Petersdom zur Eröffnung der Bischofsynode. Er zitierte zudem aus dem Markus-Evangelium, wonach der Mensch nicht trennen dürfe, was Gott verbunden habe. Es wird sich erst weisen, ob der Papst mit diesem Bekenntnis zur Unauflöslichkeit der Ehe die Gemüter besänftigen kann – denn im Hinblick auf die Weltbischofsversammlung, die bis 25. Oktober dauert, ist die Stimmung in Rom angespannt. Österreich wird bei der Synode von Kardinal Christoph Schönborn, dem Feldkircher Bischof Benno Elbs und dem Wiener serbisch-orthodoxen Bischof Andrej Cilerdzic vertreten.

Aufgebrachte Kurienprälaten haben in einem internen Dossier schwere Geschütze gegen die von Papst Franziskus angeblich betriebene "Aushöhlung" der katholischen Lehre bezüglich Familie und Sexualität aufgefahren; elf konservative Kardinäle beklagen zudem in einem kurz vor Synodenbeginn erschienenen Buch einen "Auflösungsprozess der Familie ohnegleichen". Eine hitzige Auseinandersetzung zwischen Traditionalisten und Reformern zeichnet sich ab. "Wir sollten alle beten, denn es tobt eine Schlacht", hatte der deutsche Kardinal Walter Kasper schon im März im Hinblick auf die Synode gesagt.

Liberalerer seelsorgerische Umgang

Der 82-Jährige ist bei der Familiensynode Vordenker und Sprachrohr des Papstes: Er hatte schon im Vorjahr die Grundzüge eines neuen und liberaleren seelsorgerischen Umgangs mit wiederverheirateten Geschiedenen, Patchworkfamilien, homosexuellen Partnerschaften, Ehen ohne Trauschein und anderen Formen des Zusammenlebens entworfen. Unter anderem plädierte der deutsche Kardinal dafür, wiederverheiratete Geschiedene nach einer gewissen Bußzeit wieder zu den Sakramenten zuzulassen. Kaspers Vorschläge waren in das Grundlagenpapier der Vorbereitungssynode eingeflossen und werden bei der Bischofsversammlung ein zentrales Thema sein.

Dass Franziskus die Synode der Familie widmet, ist kein Zufall: In kaum einem anderen Lebensbereich scheint die Kluft zwischen Weisungen des Lehramts und dem Leben vieler Gläubiger unüberwindbarer als bei Familie und Sexualität. Trotz des Dogmas der Unauflöslichkeit der Ehe wird in den westlichen Industrieländern jede zweite Ehe geschieden. Auch einstige katholische Hochburgen wie Irland hören nicht mehr auf Rom: In einer Volksabstimmung haben sich die Iren für die Homo-Ehe ausgesprochen. Vor diesen gesellschaftlichen Realitäten, meint der Papst, könne die Kirche ihre Augen nicht verschließen.

"Verrat am Evangelium"

Doch der Widerstand gegen Anpassungen ist gewaltig. Die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion, sagte Kurienkardinal Robert Sarah kürzlich in einem "La Repubblica"-Interview, wäre "Verrat am Evangelium" und eine "Rebellion gegen Gott". Und zu homosexuellen Lebensgemeinschaften meinte der Präfekt der vatikanischen Gottesdienst-Kongregation, diese seien "ein Rückschritt der Kultur und der Zivilisation". Für Konservative wie Sarah wird der Graben zwischen der katholischer Lehre und Praxis der Gläubigen nicht durch die Aufweichung der Dogmen überwunden, sondern durch die Neuevangelisierung des säkularisierten, dekadenten Abendlandes.

Die Kritik der Traditionalisten wirkt überzogen. Der Papst will nicht die Lehre selbst, sondern die Seelsorge verändern: Priester müssten versuchen, Wunden zu heilen, statt jene auszuschließen, die gesündigt hätten. Franziskus fordert ein neues Denken, eine neue Einstellung: Die wahre Kirche habe "offene Türen, um die Bedürftigen und die Reuigen aufzunehmen – nicht nur die Gerechten und diejenigen, die meinen, perfekt zu sein", hatte Franziskus nach der Vorbereitungssynode betont. Angesichts der schwierigen Situation vieler Familien und Eheleute heute könne es die Kirche nicht mit dem Wiederholen alter Regeln bewenden lassen.

Papst entscheidet frei

Die Synode hat beratenden Charakter – am Ende wird Franziskus frei entscheiden, welche Empfehlungen er aufgreifen und gegebenenfalls umsetzen wird. Dass er sich vom Widerstand der Konservativen nicht beirren lässt, hat der Papst mit zwei Reformen klargemacht, die er schon vor Synodenbeginn angeordnet hat: So hat er die Lossprechung von der Sünde der Abtreibung erleichtert sowie das vatikanische Gerichtsverfahren zur Nichtigkeitserklärung einer Ehe vereinfacht.

Für beträchtliche Aufregung sorgte in Rom am Wochenende das Coming-out des polnischen Priesters und Kurienmitarbeiters Krzysztof Charamsa: Der 43-Jährige trat mit seinem Lebensgefährten vor die Presse und forderte die Kirche auf, nicht länger die Augen vor den Nöten homosexueller Gläubiger zu verschließen. (Dominik Straub aus Rom, 4.10.2015)