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Stolz, ein homosexueller Priester zu sein: Krzysztof Charamsa (links), hier mit seinem Partner Eduard.

AP Photo/Alessandra Tarantino

Krzysztof Charamsa ist ein geweihter Priester, theologischer Mitarbeiter der vatikanischen Glaubenskongregation und Dozent an zwei päpstlichen Universitäten in Rom. Und außerdem ist er schwul und hat einen Lebenspartner.

Das Coming-out des 43-jährigen Polen erfolgte am Samstag mit einem ganzseitigen Interview im "Corriere della Sera", am Tag vor Beginn der Familiensynode. "Ich möchte, dass die Kirche und meine Gemeinschaft wissen, wer ich bin: ein homosexueller Priester, der stolz auf seine Identität ist", sagte Charamsa.

Es ist das erste Mal, dass sich ein Mitarbeiter des Vatikans – noch dazu ausgerechnet ein Beamter der Glaubenskongregation – öffentlich zu seiner Homosexualität bekennt. Entsprechend groß war das Aufsehen in Rom. Charamsa ist sich bewusst, dass sein Schritt Konsequenzen haben wird. "Aber irgendwann kommt der Punkt, wo etwas in dir zerbricht, wo du nicht mehr kannst", begründete der Geistliche seine Entscheidung. "Ich hätte mich im Albtraum meiner verleugneten Homosexualität verloren – aber Gott lässt uns nie allein."

Den Zeitpunkt für sein Outing hat Charamsa natürlich nicht zufällig gewählt: Der Umgang der Kirche mit Homosexuellen wird einen wichtigen und voraussichtlich stark umstrittenen Diskussionspunkt bei der Familiensynode bilden. Nach der bisherigen katholischen Lehre verstoßen homosexuelle Handlungen gegen das "natürliche Gesetz". Papst Franziskus will diese Doktrin nicht verändern, aber er wünscht sich einen toleranteren Umgang des kirchlichen Personals mit homosexuellen Menschen.

Es wäre an der Zeit, dass die Synode gegenüber gläubigen Homosexuellen ihre Augen öffnet", findet Charamsa. Die Kirche müsse verstehen, dass die von ihr vorgeschlagene Lösung – nämlich der völlige Verzicht auf ein Liebesleben – "inhuman" sei. Jede Person habe ein Recht auf Liebe, und dieses Recht müsse von der Gesellschaft und von Gesetzen geschützt werden. "Aber vor allem muss es auch die Kirche schützen: Das Christentum ist die Religion der Liebe."

Die Antwort des Vatikans ließ nicht lange auf sich warten: Charamsa wurde umgehend aller seiner Funktionen im Kirchenstaat enthoben. "Der Entscheid, am Vorabend der Synode eine derart spektakuläre Verlautbarung zu machen, erscheint uns sehr schwerwiegend und unverantwortlich", erklärte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi am Sonntag. (Dominik Straub, 4.10.2015)