Der ehemalige EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hielt die Eröffnungsrede.

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Barroso und IBA-Präsident David Rivkin (3. v. li.) lauschen den Wiener Sängerknaben

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Wien – Die größte Anwaltskonferenz der Welt macht seit Sonntag Station in Wien: Rund 6.000 Juristen nehmen bis kommenden Freitag an der Jahrestagung der International Bar Association (IBA) im Austria Center teil. Sie können in dieser Zeit aus mehr als 200 Vorträgen und Podiumsdiskussionen über fast alle Rechtsthemen auswählen, werden aber die meiste Zeit mit intensivem Networking verbringen. Neben den offiziellen Veranstaltungen in der Donaustadt gibt es in der Wiener City zahlreiche Frühstückstreffen, Mittagessen und Abendempfänge, um bestehende Kontakte zu pflegen und neue Geschäftspartner zu treffen. "Es ist eine einmalige Gelegenheit, möglichst viele Kollegen aus dem Ausland zu treffen", sagt Richard Wolf, Partner bei Wolf Theiss.

Viel Programm, hoher Preis

Der Preis dafür ist mit Teilnahmegebühren zwischen 2.900 und 3.900 Euro happig. "Aber dafür bekommt man fünf volle Tage mit Anwälten aus aller Welt und Panels, auf denen über die neuesten Rechtstrends gesprochen wird, wo sich das Denken oft erst entwickelt", sagt Tim Hughes, Vizedirektor der in London ansässigen IBA. Ein solcher Bereich ist etwa der Rechtsstatus von Drohnen. Das Treffen sei auch nützlich, Rechtspraktiken in verschiedenen Teilen der Welt zu vergleichen, sagt Hughes.

Auch Grund- und Menschenrechtsfragen sowie die Rolle von Nichtanwälten als Rechtsberater wird einen Schwerpunkt bilden, glaubt Michael Kutschera, Partner bei Binder Grösswang, der als Vorsitzender des Gastkomitees seit fünf Jahren daran gearbeitet hat, die IBA nach Wien zu bringen. Die Konferenz findet jedes Jahr in einer anderen Weltregion statt. Im Vorjahr traf sich die IBA in Tokio, 2016 ist Washington dran.

Teilnehmer aus ärmeren Staaten erhalten Zuschüsse. Für die IBA sind die Jahreskonferenzen eine wichtige Einnahmequelle, um ihre Menschenrechtsaktivitäten zu finanzieren.

Förderung des Rechtsstaates

Eine der Hauptaufgaben der 1947 gegründeten Organisation ist die Förderung des Rechtsstaats und des Anwaltsstands in weniger entwickelten Demokratien und die Stärkung der Grundrechte gegen autoritäre Regierungspolitik, sagt Hughes. So werden derzeit mit IBA-Hilfe Richter in Tunesien fortgebildet.

Auch politische Prominenz tritt auf, so etwa Ex-Uno-Chef Kofi Annan, Ex-Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen und Spaniens Expremier José Maria Aznar. Ex-EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hielt am Sonntag die Eröffnungsrede. Mit Spannung wird der Auftritt der Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC), Fatou Bensouda, am Montag erwartet.

Für Wien ist die Konferenz auch eine tolle Gelegenheit für Standortwerbung, glaubt Kutschera. "Wien als sichere Stadt, als Rechtsstaat, als Ort, wo Menschen gern hinkommen – so wollen wir uns präsentieren", sagt er. Und neben den 6.000 Teilnehmern gibt es offenbar viele Anwälte, die ohne Anmeldung nur für das Networking nach Wien kommen. (Eric Frey, 4.10.2015)