Eine Hochschaubahn ist geradezu ein Bummelzug – verglichen mit dem, was die deutsche Kanzlerin Angela Merkel in diesen Wochen erlebt. Angesichts der unzähligen Flüchtlinge, die in Ungarn strandeten, öffnete sie das Tor der Bundesrepublik sperrangelweit.

"Wir schaffen das!", sagte sie und versetzte die Weltpresse in Verzückung. Der Spiegel hob sie erst vor einer Woche als barmherzige "Mutter Angela" auf das Cover. Schaffen wir das wirklich, fragte sich so mancher in Berlin. Aber nur leise, denn Merkel hatte quasi Heiligenstatus erreicht.

Doch nun sieht es danach aus, als könne Deutschland die Last nicht tragen. Der Strom der Flüchtlinge reißt nicht ab. Die Kommunen finden kaum noch Quartiere, in Hamburg hat der rot-grüne Senat gerade beschlossen, leerstehende Gewerbeimmobilien zur Not zu beschlagnahmen – was nicht nur Staatsrechtler für fragwürdig halten.

Immer öfter kommt es zu Gewalt in Flüchtlingsunterkünften. Bis Hotspots an den EU-Außengrenzen fertig sind, dauert es. Ob sie die Lösung bringen, kann auch noch keiner sagen. Und es naht der Winter.

Merkels Umfragewerte sinken rapide, während jene von CSU-Chef Horst Seehofer, der für eine harte Linie steht, steigen. Es wäre keine Schande für Merkel, nun zu bekennen: "Wir schaffen es auf diese Weise doch nicht." Fatal hingegen wäre es, wenn sie in dieser schwierigen Situation einfach die Dinge treiben lässt. (Birgit Baumann, 2.10.2015)