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Rauchwolken nach einem russischen Einsatz nahe Kafr Nabel in der Provinz Idlib im Westen Syriens.

Foto: (Hadi Al-Abdallah via AP

Washington/New York – Die USA und Russland haben sich zur Vermeidung von Missverständnissen ihrer Streitkräfte in Syrien auf militärischer Ebene abgesprochen. Es habe einen "freundlichen und professionellen Austausch" gegeben, sagte Pentagonsprecher Peter Cook am Donnerstag. Moskau bezeichnete indes die gemäßigte syrische Rebellen als wichtigen Teil des politischen Prozesses. Russland rechnet mit einer Dauer der Luftangriffe in Syrien von drei bis vier Monaten. Das sagt der Vorsitzende des Duma-Außenausschusses.

Kein Austausch von Geheimdienstinformationen

Nach Angaben des Weißen Hauses drehte sich das einstündige Gespräch darum, dass in dem Bürgerkrieg internationale Regeln eingehalten und die üblichen Kommunikationskanäle genutzt würden. Der Austausch von Geheimdienst-Informationen sei aber nicht geplant, sagte Cook.

Ziel sei, "eine Art von Unfall am Himmel" zu vermeiden. "Das bedeutet nicht, dass wir dulden, was Russland getan hat." Präsident Barack Obamas Sprecher Josh Earnest warnte zugleich vor "willkürlichen" Angriffen, die den Krieg verlängern und Moskau tiefer in den Konflikt hineinziehen könnten.

Türkei: Angriffe auf IS beschränken

Die Türkei und ihre Verbündeten haben Russland aufgefordert, den Militäreinsatz in Syrien auf den Kampf gegen die Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) zu beschränken. Luftangriffe auf die syrische Opposition sowie Zivilisten müssten dagegen umgehend eingestellt werden, betonte das türkische Außenministerium am Freitag.

Das NATO-Land zeigte sich in einer gemeinsamen Erklärung mit Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den USA und verbündeten Golf-Staaten tief besorgt über die russischen Luftangriffe. Sie bedeuteten eine "weitere Eskalation" des Konflikts. Russland hatte am Donnerstag eingeräumt, auch andere Rebellengruppen als nur den IS ins Visier zu nehmen.

Debatte um russische Ziele

Der Westen hatte Russland nach den am Mittwoch begonnenen Luftangriffen vorgeworfen, dass auch moderate Kräfte und Zivilisten Opfer russischer Bombenangriffe in Syrien geworden seien. Moskau wies dies zurück. Russland geht nach eigener Darstellung mit Kampfflugzeugen gegen Terroristen vor.

Das russische Militär greife aber nicht nur den IS an, sondern auch andere Gruppen, räumte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag in Moskau ein. Es gebe eine Liste mit Organisationen, die bekämpft werden sollen, sagte er der Agentur Interfax zufolge. Konkrete Namen nannte er nicht.

Putin spricht von Propaganda

Der russische Präsident Wladimir Putin bezeichnete westliche Berichte über den Tod von Zivilisten bei den russischen Attacken als feindliche Propaganda. "Die ersten Informationen darüber waren schon aufgekommen, bevor unsere Kampfflieger in den Himmel gestiegen waren", sagte der Präsident.

Deutschland warnt vor russischen Alleingängen

Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier warnte Russland vor weiteren Alleingängen. Das Morden könne nur durch gemeinsames Vorgehen beendet werden, sagte Steinmeier am Donnerstag vor der UN-Vollversammlung in New York. "Statt einsamer Entscheidungen Einzelner, zuletzt Russlands, nun auch direkt militärisch in Syrien einzugreifen, brauchen wir den politischen Einsatz für eine Transformation."

Trotz aller Meinungsverschiedenheiten gebe es in dem Konflikt auch gemeinsame Ziele, wie den Erhalt der territorialen Einheit des Landes. Die brutale Diktatur von Machthaber Bashar al-Assad müsse aber beendet werden. Zugleich gelte es, die Herrschaft des IS zu brechen.

Die Lage in Syrien war auch Thema eines Zweiergesprächs zum Auftakt des neuen Ukraine-Gipfels am Freitag im Pariser Elysee-Palast zwischen der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Putin.

Russland bezeichnete unterdessen die oppositionelle Freie Syrische Armee als wichtigen Teil des politischen Prozesses in dem Bürgerkriegsland. Die Rebellen-Gruppe sei keine Terrororganisation, sagte Außenminister Sergej Lawrow am Donnerstag in New York.

Ausweitung auf den Irak ausgeschlossen

Das russische Verteidigungsministerium berichtete am Abend von neuen Luftangriffen. Lawrow schloss eine Ausweitung einer Intervention auf den benachbarten Irak zunächst aus. "Niemand hat uns eingeladen, und niemand hat danach gefragt", sagte er der Agentur Interfax zufolge.

Nach den Luftangriffen hat Russland vor der Küste Syriens auch mehrere Kriegsschiffe zusammengezogen. Vor der Hafenstadt Latakia seien unter anderem der Raketenkreuzer "Moskwa" sowie eine Fregatte und ein Landungsschiff vor Anker gegangen, sagte Admiral Viktor Krawtschenko der Agentur Interfax zufolge am Freitag in Moskau.

Die Kriegsmarine halte dort eine Übung mit Artillerie ab, es gehe aber auch um den Schutz des Luftraums über dem Flughafen von Latakia. Dort sind russische Flugzeuge stationiert. "Angriffe aus der Luft auf unsere Kampfjets und Hubschrauber sind fast unmöglich", sagte Krawtschenko. Er verwies vor allem auf den Raketenkreuzer "Moskwa", der unter anderem mit dem Flugabwehrsystem S-300M ausgerüstet sei.

Eine Teilnahme Russlands an der US-Koalition schloss Lawrow aus, da diese kein UN-Mandat habe. Für Moskaus Intervention gibt es auch kein UN-Mandat. Russland beruft sich auf eine Bitte Syriens um Hilfe. Die USA führen seit gut einem Jahr eine Allianz an, die Luftangriffe in Syrien fliegt.

Das zu der Allianz gehörende Australien kritisierte Russland ebenfalls scharf. Wenn Russland bei der Zerstörung des IS eine konstruktive Rolle spielen würde, sei das sehr willkommen, sagte der für den Anti-Terror-Kampf zuständige Justizminister Michael Keenan am Freitag im Rundfunk. "Das Problem ist, (Russlands) Motive sind nicht vertrauenswürdig", sagte er. (APA, 2.10.2015)