Graz – Die wenigsten Österreicherinnen und Österreicher tanzten als Kinder in Begleitung einer singenden Nonne verzückt über saftig grüne Wiesen. Man darf sogar annehmen, dass es sich bei dieser Bevölkerungsgruppe um eine der kleinsten Minderheiten handelt. Trotzdem: In einem der erfolgreichsten Filme der Geschichte wurde genau dieses Bild Österreichs millionenfach in die Welt geblasen. Im The Sound of Music, den in Österreich wenige überhaupt kennen, wurde das international gültige Österreichklischee festgeschrieben.

Höchste Zeit, sich die übergestülpte Identität einmal genauer anzusehen. Die steirisch-internationale Formation The Loose Collective hat genau das getan.

Nun präsentiert sie in ihrer Arbeit The Music of Sound in einer "postnationalen Haltung", wie die Truppe betont, Texte, Technicolorbilder, Souvenirs und Lieder, um folgende Fragen zu stellen: "Was ist eine Nation überhaupt? Und warum sollen wir uns mit einer artifiziellen und willkürlich oktroyierten Identität anfreunden, wenn wir sie als peinlich oder befremdlich empfinden?"

Gute Fragen. Denn auch heute, genau 50 Jahre nach dem Erscheinen des kitschigen Films, trifft man, wenn man die Augen offen hält, ständig und überall auf sogenanntes National Branding. Oder, wenn man kleinteiliger denkt, auch auf Regionen, die von pfiffigen Werbeleuten plötzlich nach einem Schinken, einem Öl oder einem alkoholischen Getränk getauft werden. So auch in der Steiermark.

Ehe man sich's versieht, ist dann ein Marketingname einer Gegend im Gespräch für die Bezeichnung eines politischen Bezirks. Wo bleibt da die Selbstwahrnehmung? Eher nicht auf der grünen Wiese. (Colette M. Schmidt, Spezial, 2.10.2015)