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Flüchtlinge betreten in Bad Radkersburg nach ihrer Registrierung in ein Zelt. Rund 9000 Asylanträge gab es im September in Österreich.

Foto: AP Photo/Christian Bruna

Wien – Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) und Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) waren Mittwochvormittag eifrig damit beschäftigt, Informationen des Ö1-"Morgenjournals" zu dementieren, wonach es ein Geheimpapier der Regierung gebe, in dem von Milliardenkosten für die Versorgung von Flüchtlingen ausgegangen werde. Dem Bericht nach ginge es um 6,5 Milliarden Euro für den Zeitraum von 2016 bis 2019. Bei Einbeziehung des Familiennachzugs wäre die Summe doppelt so hoch. In Regierungskreisen kursierten wilde Gerüchte, wer mit diesen Zahlen wem vor der Wien-Wahl wohl Schaden zufügen wolle.

Die offiziellen Kostenschätzungen der Regierung liegen jedenfalls bei 420 Millionen Euro für die Grundversorgung für das Jahr 2016 sowie 75 Millionen für einen dem Finanzministerium zugeordneten "Topf Integration" und 70 Millionen Euro vom Sozialministerium für die Eingliederung in den Arbeitsmarkt.

Allerdings werden die Ausgaben mit Sicherheit höher sein. Denn noch nicht in diese angeführten Summen einkalkuliert sind höhere Ausgaben für die Mindestsicherung, die anerkannte Flüchtlinge in weiterer Folge beantragen können. In Regierungskreisen hört man, dass mit deutlich steigenden Kosten gerechnet wird.

Es wird "gegebenenfalls nachjustiert"

Zu den Größenordnungen: Insgesamt hat die Mindestsicherung 2013 knapp 600 Millionen Euro gekostet. Auch Geld für Wohnraumbeschaffung oder Kosten im Schulbereich sind noch nicht einkalkuliert. Schelling zufolge werden über die genannten Summen "hinausgehende Mehrkosten nach Vorliegen entsprechender Fakten gemeinsam geprüft und gegebenenfalls nachjustiert". Genaue Schätzungen seien schwierig, da man nicht wisse, wie sich die Situation entwickeln werde, hieß es aus seinem Büro.

Rund 9000 Anträge im September

Im Innenministerium geht man davon aus, dass die Zahl der Asylanträge in Österreich allein im September bei rund 9000 liegen wird. Insgesamt wird für dieses Jahr mit 85.000 Asylwerbern in Grundversorgung gerechnet. Eine Schätzung für 2016 wollte man im Innenministerium aber nicht abgeben. Ein Durchschnittswert, wie viel Geld der Bund pro Asylwerber ausgibt, war auch nicht zu erfahren. Anspruch auf Grundversorgung haben Personen, deren Asylverfahren in Österreich gerade läuft. Deren Dauer liegt nach Auskunft des Innenministeriums derzeit bei durchschnittlich fünf Monaten. Allerdings könne sich die Dauer – trotz Personalaufstockung – aufgrund der gestiegenen Antragszahlen verlängern.

Grundversorgung im Detail verschieden

Die Grundversorgung umfasst mehrere Posten und ist je nach Situation unterschiedlich hoch: Es gibt jedenfalls zehn Euro Freizeitgeld pro Monat, 150 Euro pro Jahr für Kleidung und – bei Schulbesuch – 200 Euro für Schulkosten. Weiteres Grundversorgungsgeld erhalten Quartiergeber, wenn sie Flüchtlinge vollversorgen – der Tagsatz liegt zwischen 20,50 Euro pro Erwachsenen und 95 Euro für die Unterbringung unbegleiteter Minderjähriger in einer Wohngruppe. Flüchtlinge mit eigener Unterkunft erhalten Verpflegungs- und Mietkostenzuschuss: als Familie 240 Euro Mietkostenzuschuss sowie 200 Euro Verpflegungsgeld als Erwachsener plus 90 Euro je Kind im Monat.

Schnellverfahren an den Grenzen

Derzeit in Österreich im Gespräch ist auch ein Asyl-Schnellcheck an der Grenze vor dem eigentlichen Asylverfahren, wie derzeit in Deutschland diskutiert wird. So zeigte sich – nach befürwortenden Äußerungen aus der ÖVP – auch Ostermayer dem gegenüber aufgeschlossen. Im Rahmen solcher Schnellverfahren könnte entschieden werden, ob jemand überhaupt das Recht auf ein Asylverfahren in Österreich hat. (go, spri, 30.9.2015)