Ein Wasserwunder habe ich selbst einmal erlebt, nämlich als ich im tiefen Sudan vom heiligen Wasser eines heiligen Mannes trinken musste – Gemeinschaftsbecher – und nicht einmal krank wurde! Aber diese Art von Unterlassungswunderkraft hatte der republikanische US-Abgeordnete Bob Brady bestimmt nicht im Sinn, als er sich nach der Rede von Papst Franziskus im Kongress das Wasserglas, aus dem der Heilige Vater genippt hatte, vom Rednerpult schnappte und dieses – samt darin befindlicher Flüssigkeit natürlich – in sein Büro verschleppte.

Dort trank er davon, und auch seine Frau Debra und zwei Mitarbeiter durften mit der von Gottes Stellvertreter auf Erden angetrunkenen Gottesgabe die Lippen benetzen – der ebenfalls hinzugezogene demokratische Senator Bob Casey, seine Frau und seine Mutter steckten aber nur mehr ihre Finger hinein. Was Brady nicht davon abhielt, den Rest in eine Flasche zu füllen: zur Segnung diverser Enkel. In welcher Form ihnen das Wasser verabreicht werden sollte, war nicht klar.

Was soll man dazu sagen: Passt schon, das mit der Aufklärung und ihrer Aberglaubenskritik muss man ja nicht immer vor sich hertragen. Hauptsache, wir haben sie gehabt (und die Muslime nicht). Als Zeichen der Verehrung und Liebe zur Institution kann man Trinken aus dem Papstglas als katholisch durchgehen lassen. Solange nicht "Lass mich dein Badewasser schlürfen" daraus wird. (Gudrun Harrer, 29.9.2015)