Wien – Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) kritisiert die von den Anwälten beschlossene Aussetzung der ersten rechtsanwaltlichen Beratung, mit der sie eine Inflationsanpassung ihres gesetzlichen Tarifs erreichen wollen. Er habe dafür "absolut kein Verständnis". Getroffen würden damit vor allem die ökonomisch schwächeren Teile der rechtsuchenden Bevölkerung.

Zugang zu Recht nicht erschweren

Die Forderung der Rechtsanwälte selbst ist für den Minister nachvollziehbar, erklärte er. Das Justizministerium könne darüber aber nicht allein entscheiden, sondern habe aufgrund gesetzlicher Vorschriften das Einvernehmen mit dem Finanzministerium und dem Hauptausschuss des Nationalrats herzustellen.

Man vertrete grundsätzlich die Meinung, dass der Zugang des Bürgers zum Recht nicht noch schwerer werden sollte. Zivilprozesse seien bereits teuer: Das Ministerium rechnete anhand eines Beispiels – Klage (Mahnklage), Klagebeantwortung (Einspruch), vorbereitender Schriftsatzwechsel, zwei Verhandlungen zu je zwei Stunden – vor, dass die Vertretungskosten bei einem Streitwert von 10.000 Euro auf 5.320,99 Euro kommen, weitere 707 Euro machen die Gerichtsgebühren aus.

Im Übrigen gehe das Argument der Rechtsanwaltskammer ins Leere, in Prozessen obsiegende Parteien würden mangels Tarifanpassung weniger Kostenersatz zugesprochen bekommen. Aufwand und Kostenersatz richteten sich naturgemäß nach denselben Tarifen, betont das Justizministerium. (APA, 29.9.2015)