Während die Eltern im Nebenzimmer arbeiten, betreut eine Pädagogin die Kinder.

Foto: Iris Kandlbauer

Das Eltern-Kind-Büro will die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern.

Foto: Iris Kandlbauer

In San Francisco und Tokio gibt es sie schon länger: die Idee, Bürogemeinschaften und Kinderbetreuung Tür an Tür zu ermöglichen. Denn viele Eltern haben zwar das Bedürfnis zu arbeiten, ihre Kinder wollen sie aber nicht in keine Kinderkrippe geben.

Wie groß das Interesse an der gelebten Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist, zeigt das Projekt Coworking Toddler in Deutschland. Via Crowdfunding sind 16.000 Euro zusammengekommen, die helfen sollen, das erste Gemeinschaftsbüro mit Kinderbetreuung umzusetzen. Der erste Standort ist in Berlin geplant, weitere im deutschsprachigen Raum sollen folgen.

Eltern-Kind-Büro in Wien

In kleinerem Rahmen, dafür umso engagierter agiert Iris Kandlbauer. Bereits seit 2011 verfolgt sie das Ziel, Coworking-Büros in Wien für Eltern anzubieten. Die Idee kam der ausgebildeten Kindergartenpädagogin nach der Geburt ihres Sohnes: "Als mein Bub ein halbes Jahr alt war, hatte ich den Wunsch, nebenbei wieder zu arbeiten." Da eine Kinderkrippe für die junge Mutter keine Option darstellte, gestaltete sich die Suche nach einem passenden Angebot schwierig. "Ich habe mir gedacht, ideal wäre es, wenn ich Tür an Tür neben meinem Sohn arbeiten kann und er betreut wird. Wenn er mich braucht, kann er jederzeit zu mir kommen." Vorhandene Angebote in Wien? Fehlanzeige. Kandlbauers Vision einer Selbstständigkeit durch einen familienfreundlichen Arbeitsplatz formte sich langsam.

Zweimal wöchentlich

Bereits 2013 wollte die AHS-Lehrerin kahlen Bürogebäuden ein Kinderlachen einhauchen. Doch dann kam ihr, wie sie sagt, eine weitere Schwangerschaft "dazwischen". Mittlerweile ist ihre Tochter ein Jahr alt – für die Pädagogin der ideale Zeitpunkt für die Umsetzung ihres Projekts. Nach einer Probephase öffnet seit Mitte September das Familiencafé Vollbuntes Wohnzimmer zweimal wöchentlich seine Pforten exklusiv für Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Eltern-Kind-Büros.

Während bis zu sechs Kleinkinder von einer ausgebildeten Pädagogin beschäftigt werden, können ihre Eltern im Nebenzimmer beinahe geräuschlos arbeiten. "Natürlich hört man die Kinder zwischendurch beim Spielen, aber die Rückmeldungen der Eltern sind sehr positiv", sagt Kandlbauer. Einzig die teilweise lange Anfahrtszeit und die ausbaufähigen Betreuungszeiten würden kritisiert.

Ausschnaufen

Eine Ausweitung der Standorte und Öffnungszeiten sei bereits in Planung, verrät Kandlbauer. Derzeit findet im Vollbunten Wohnzimmer im fünften Wiener Gemeindebezirk jeden Montag und Donnerstag das Eltern-Kind-Büro statt. Nicht alle Eltern nutzen es allerdings als Arbeitsplatz. "Manche wollen einfach wieder einmal in Ruhe ihre E-Mails checken oder ein Buch lesen", sagt Kandlbauer. Wie die Eltern ihren Vormittag verbringen, sei schließlich auch ihnen überlassen – ihre Kinder würden jedenfalls gut betreut werden. (Sophie-Kristin Hausberger, 28.9.2015)