250.000 Besucher können nicht irren. Auf der "Wiener Wiesn", auf der Kaiserwiese vor dem Eingang des Praters, steht wieder ein Trink-und-Gröl-Zelt bereit. Die Kopie des Münchner Oktoberfests steht aber auch in unmittelbarer Nähe des riesigen Erholungsgebietes namens "Grüner Prater". Die Kaiserwiese wird zerstört, Bäume beschädigt, und Zulieferverkehr findet bis weit in die Prater Hauptallee statt. So viel zum Thema "Wien wird vertingeltangelisiert", eine Stadt im Dauer-Eventstress.

Rätselhaft allerdings, woher diese Liebe zum rabiat Ländlichen in einer Großstadt: "Wir haben rund 100 Bäume nach Wien gebracht. Wir versuchen hier eine Landidylle zu schaffen, und das gelingt uns natürlich nur, wenn wir das Land wirklich herholen", sagt "Wiener Wiesn"-Veranstalterin Claudia Wiesner gegenüber Wien heute.

Landidylle? In der schlechten Luft und dem Höllenlärm eines riesigen Bierzeltes? Bäume nach Wien gebracht? Wenn in unmittelbarer Umgebung unzählige Bäume in einem ehemaligen Auwald stehen? Das Land "wirklich herholen"? Wozu?

Tatsächlich scheint sich aber wieder in städtischen Gefolgen so eine Art Sehnsucht nach dem Nichtstädtischen breitzumachen – auch unter einem städtischen Publikum. Auf den Plätzen finden alle Augenblicke irgendwelche ländlichen Events statt. "Wien am Gebirge" hat es der Kaffeehausliterat Anton Kuh genannt – in den Dreißigerjahren. (Hans Rauscher, 24.9.2015)